Laschet: Regierung kann bis Ostern im Amt sein
Der CDU-Ministerpräsident Arnim Laschet vermeidet gute Ratschläge für die SPD. Nun sei viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Aachen/Düsseldorf. Nach der CDU- Vorstandssitzung in Berlin ist Armin Laschet nach Düsseldorf zurückgekehrt. Nach der durchsondierten Nacht ist der Ministerpräsident ziemlich müde, aber offensichtlich zufrieden.
Herr Laschet, was waren die Knackpunkte?
Armin Laschet: Die Fragen der Zuwanderung und Migration, der Finanz- und Steuerpolitik waren schwierig zu lösen. Auf jeden Fall haben wir gemerkt, dass die Einschätzung vieler, alle Parteien seien ohnehin gleich, nicht stimmt. Es gibt unterschiedliche Programme, und das Kunststück bestand darin, möglichst viele Gemeinsamkeiten und Kompromisse zu finden.
Hält das, was vereinbart ist, Union und SPD bis 2021 zusammen?
Laschet: Ja, weil wir uns auf umfassende Ziele verständigt haben. Die Antworten auf die großen europäischen Herausforderungen stehen ganz am Anfang. Und Europa als Thema Nummer eins — das ist genau die richtige Priorität. Davon hängen unser Wohlstand und Arbeitsplätze ab — gerade auch in Nordrhein-Westfalen. In einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, kann Europa nur gemeinsam bestehen.
Wie war die Atmosphäre zwischen CDU, SPD und CSU?
Laschet: Am Anfang der Woche etwas angespannt; manche waren noch ein wenig gereizt und nervös. Aber in der Arbeit an den Themen ist eine gute Vertrauensbasis entstanden, die jetzt in der sehr langen Nacht die Einigung ermöglicht hat. Die Jamaika-Gespräche waren hart, aber lockerer und fröhlicher; jetzt war es sachlicher, konkreter, konzentrierter.
Wann wird die neue Bundesregierung vereidigt?
Laschet: Wenn die SPD jetzt die Hürde des Parteitags nimmt und wir uns anstrengen, kann der Koalitionsvertrag bis Karneval abgeschlossen sein. Dann werden die SPD-Mitglieder gefragt. Also kann die Regierung bis Ostern im Amt sein.
Bleibt die Frage, ob die SPD-Basis zustimmen wird?
Laschet: Das ist für mich schwer einzuschätzen. In der SPD-Verhandlungsdelegation waren ganz unterschiedliche Leute — auch große Skeptiker. Aber sie alle sprechen jetzt von einem guten Ergebnis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Basis der gesamten SPD-Führung misstraut und Nein sagt. Es ist jetzt viel Überzeugungsarbeit nötig, und da sollten wir uns als CDU raushalten.
Was ist aus NRW-Sicht das Wichtigste am Sondierungsergebnis?
Laschet: Die europäische Perspektive hat für uns Priorität. Von großer Bedeutung sind für das Land und die Kommunen auch die Unterstützung der Digitalisierung in den Schulen und im gesamten Bildungsbereich, die Unterstützung der Kommunen bei Integration und anderen sozialen Aufgaben und das Bekenntnis zum Industrieland.
Dass das Ziel, die klimaschädlichen Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, infrage gestellt wird, ist auf viel Unverständnis gestoßen.
Laschet: Wir halten uns auf jeden Fall an die Pariser Klimaschutzziele, diese Emissionen bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren. Dieses Ziel, vorab schon 2020 zu erreichen, werden wir nicht erreichen. Das ist unrealistisch; aber wir müssen und wollen es so schnell wie möglich schaffen. Das Ziel für 2020 wurde vor der Entscheidung zum Ausstieg aus der Kernkraft formuliert. Und wir haben heute zwei Millionen Menschen mehr im Land als damals, außerdem ein starkes Wirtschaftswachstum. All das muss man in Rechnung stellen. Jetzt haben wir die Chance, den Strukturwandel im Rheinischen Revier ohne soziale Brüche zu gestalten.