Mitgliederschwund zwingt Kirchen zu neuen Wegen

Die Zahlen sind bei Protestanten und Katholiken weiter rückläufig. Aber das Umdenken hat schon längst begonnen.

Die Evangelische Kirche im Rheinland (Ekir) hatte am 1. Januar dieses Jahres rund 2,6 Millionen Mitglieder, knapp 50.000 weniger als vor einem Jahr.

Foto: Julian Stratenschulte

Düsseldorf. Der Mitgliederschwund der evangelischen und katholischen Kirche hält an. Hauptgründe sind der demografische Wandel und die Kirchenaustritte. Allerdings verzeichnen beide Kirchen derzeit auch steigende Zahlen bei den Taufen, die jeweils über der Zahl der Austritte liegen.

Die Evangelische Kirche im Rheinland (Ekir) hatte am 1. Januar dieses Jahres rund 2,6 Millionen Mitglieder, knapp 50.000 weniger als vor einem Jahr. 20 598 Taufen standen im vergangenen Jahr 19 079 Austritten gegenüber. Gut 6000 Menschen traten in die rheinische Kirche ein. Dass die Zahlen insgesamt trotzdem sanken, hat mit den gut 41 000 Gemeindemitgliedern zu tun, die 2016 verstorben sind.

Das Erzbistum Köln, mitgliederstärkstes der 27 deutschen Bistümer, sank erstmals unter die Zwei-Millionen-Grenze (1 993 000). Auch bei den Kölnern lag die Zahl der Taufen mit gut 14 000 über der Zahl der Austritte (13 600). 8,7 Prozent der Katholiken im Bistum feiern die Sonntagsmessen mit.

Ähnliche Relationen beim Bistum Aachen, zu dem unter anderem Krefeld, Mönchengladbach und Teile der Kreise Viersen und Neuss zählen: 7130 Taufen, 5498 Austritte, 11 731 Bestattungen — bei einem Mitgliederbestand von einer guten Million. Die Gottesdienstbeteiligung lag hier bei 7,8 Prozent.

Die Kirchen trifft diese Entwicklung nicht überraschend. Seit Jahren weisen die Prognosen in diese Richtung. Die Ekir erwartet, dass die Mitgliederzahl bis 2030 noch auf 2,35 Millionen sinkt. Präses Manfred Rekowski hält allein die auffällig gestiegene Zahl der Erwachsenentaufen für „bemerkenswert“, ansonsten wirbt er für einen unaufgeregten Umgang mit den jährlichen Statistiken.

„Konzentration ist die Aufgabe unserer Generation“, sagte er unserer Zeitung. Kirche werde ihre Tätigkeitsfelder nicht über Bord werfen, aber verstärkt nach Kooperationen suchen: gemeindeübergreifend, kirchenkreisübergreifend, auch konfessionsübergreifend. Die großen kirchlichen Strukturen der geburtenstarken Jahrgänge seien überholt. „Bezogen auf die Inhalte sind wir konservativ, weil wir seit Jahrtausenden aus der einen Quelle schöpfen. Aber bezogen auf die Struktur müssen wir beweglich und dürfen auf keinen Fall strukturkonservativ sein.“ Die Relevanz der Kirche hänge nicht von den Zahlen, sondern von den Inhalten ab.

Im Erzbistum Köln hat Kardinal Rainer Woelki aus diesen Gründen einen pastoralen Zukunftsweg angestoßen. Schlüsselworte sind Partizipation, Einbindung unterschiedlicher Begabungen, neues Gottvertrauen und die Akzeptanz einer noch ungewissen Zukunft. „Am Anfang steht nicht die Frage, welche Gebäude wir in zehn Jahren noch brauchen, sondern wie wir heute noch Kirche sein können“, sagt Sprecher Michael Kasiske.

Zeit gewinnen die Kirchen auch dadurch, dass die Kirchensteuereinnahmen den Mitgliederrückgang nicht abbilden, sondern aufgrund der guten Konjunktur florieren.