Neue Riesen-Pipeline geplant
RWE: Kohlendioxid soll vom neuen Kraftwerk Hürth bis nach Schleswig-Holstein transportiert werden.
Düsseldorf. Zwei Wochen nach dem Kohlendioxid-Unfall in Mönchengladbach mit 107 Verletzten sind Pläne des Energieversorgers RWE für eine CO2-Pipeline quer durch Deutschland bekanntgeworden. Im Zuge des geplanten Baus eines Braunkohle-Kraftwerks in Hürth bei Köln soll abgetrenntes Kohlendioxid (CO2) durch eine Gasleitung nach Schleswig-Holstein geführt und dort in unterirdischen Speichern eingelagert werden, sagte eine Sprecherin des Tochterunternehmens RWE Dea in Hamburg. Eine genaue Route für die Leitung gebe es aber noch nicht. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsministerium zeigte sich von dem Vorstoß überrascht.
Der Kieler Wirtschaftsminister Werner Marnette (CDU) kritisierte auf "Spiegel online", dass die Ankündigung von RWE nicht abgestimmt sei. Laut Ministerium gibt es zwar eine Kooperation mit der RWE-Tochter Dea, unterirdische Speicher im Bundesland zu erkunden. Doch es seien noch nicht einmal die Genehmigungen für eine Eignungsprüfung erteilt worden. Zudem seien schleswig-holsteinische Speicher in erster Linie für CO2 aus Kraftwerken im Norden reserviert.
Vor zwei Wochen waren nach einem Feuer in einem Lack-Lager große Mengen Kohlendioxid von einer Löschanlage unkontrolliert ins Freie gelangt. Der Vorfall hatte eine breite Debatte über die Gesundheitsrisiken für Anwohner chemischer Betriebe entfacht. Zudem hatte der Zwischenfall auch Gegner einer geplanten Kohlenmonoxid-Leitung des Bayer-Konzerns zu neuen Protesten veranlasst.
Schon in der vergangenen Woche hatte die NRW-Landesregierung angesichts einer Serie von Chemie- und Gas-Unfällen ein Krisengespräch mit Experten der Ministerien angekündigt. Darüber hinaus plane man nun mit Blick auf die Pipeline-Projekte einen "industriepolitischen Kongress". Dort sollen Unternehmen ihre Sicherheitskonzepte vorstellen, so das Wirtschaftsministerium.
Laut RWE-Vorstand Jürgen Großmann soll das Kraftwerk in Hürth bis 2015 fertiggestellt sein. Die für die CO2-Leitung notwendigen Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren sollten in diesem Jahr angestoßen werden, erklärte Unternehmenssprecherin Carolin Reese. Dann gehe es in eine grobe Planung für die Trasse.
Zurzeit prüft die RWE-Tochter, ob es in Nordfriesland geeignete Gesteinsschichten zur Lagerung von Kohlendioxid gebe. Dabei handele es sich um porösen Sandstein, der das klimaschädliche Gas in flüssiger Form "wie ein Schwamm" aufnehmen könne.
Das gesamte Projekt hänge allerdings entscheidend von der Akzeptanz der Öffentlichkeit ab, sagte die Sprecherin weiter. Die Technologie werde in den USA seit 20 Jahren angewandt. In Deutschland hingegen gibt es nach Unternehmensangaben bisher keine CO2-Fernleitung.