Nokia: Aus Empörung wird Boykott
Überall ruft die Schließung des Bochumer Werkes Wut und Entsetzen hervor. In Handy-Läden gibt es bereits erste Kunden, die die Marke gewechselt haben.
Düsseldorf. Der Fall Nokia regt auf. Hilflos müssen die Menschen mit ansehen, wie der finnische Konzern sein Werk in Bochum schließt und die gesamte Belegschaft auf die Straße setzen will. Auch die Leserinnen und Leser unserer Zeitung sind in großer Mehrheit empört über dieses Verhalten. In einer Online-Umfrage unserer Zeitung sprachen sich 78,9Prozent der Leserinnen und Leser eindeutig dafür aus, dass Politiker zum Nokia-Boykott aufrufen.
"Ich bin schon sehr lange ein Nokia-Fan, aber jetzt werde ich mich an einen anderen Hersteller gewöhnen. Ich hoffe, dass möglichst viele Nokia-Anwender es auch so halten. Nur so geht es", schreibt beispielsweise Alfons Wetzurek aus Tönisvorst. Und Heinz Höveler aus Wuppertal fordert gar: "Kein Deutscher dürfte ein Nokia-Handy kaufen. Sollen sie ihre Handys dort verkaufen, wo die hingehen."
Solche Aussagen werden nicht nur aus einer momentanen Empörung heraus getätigt, sondern den empörten Worten folgen ganz offensichtlich schon Taten. In Düsseldorfer Handy-Läden beispielsweise gibt es bereits erste Kunden, die ihre Wut über Nokia zur Basis von Kaufentscheidungen machen. "Wir hatten hier heute morgen eine Kundin, die ganz klar gesagt hat, dass sie als neues Handy auf keinen Fall eines von Nokia haben wolle", sagt etwa Philippe Terhorst aus der O2-Filiale in der Düsseldorfer Altstadt. "Die Kundin hat sich dann für ein Handy von Sony-Ericsson entschieden."
Ähnliche Erfahrungen machte auch Siegrid Russo im Telekom-Shop an der Flingerstraße. "Wir hatten heute schon zwei Kunden, die sich gegen Nokia-Handys entschieden haben. Einer sagte sogar ausdrücklich, es sei eine große Sauerei, was das Unternehmen da in Bochum mache. Deshalb käme für ihn kein Nokia infrage."
Auch aus dem NRW-Landtag kommen Boykott-Signale. Thomas Eiskirch, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: "Ich nehme kein Nokia-Handy mehr. Und das Nokia-Handy von mir und meinen Mitarbeitern wird stillgelegt." Bereits am Donnerstag hatte SPD-Parteichefin Hannelore Kraft erklärt: "Ich habe kein Nokia-Handy. Aber wenn das Unternehmen seinen Plan nicht überdenkt, werden die Nokia-Handys meiner 23 Fraktionsmitarbeiter abgeschafft."
Der Recklinghäuser Landrat Jochen Welt (60, SPD) geht sogar noch weiter: In einer Sitzung der SPD-Fraktion im Ruhrgebietsparlament schlug er jetzt vor, dass Behörden künftig bei Ersatzbeschaffungen von Diensthandys konsequent auf Fabrikate der Firma Nokia verzichten sollen.