NRW braucht 650 neue Plätze für kranke Straftäter - auch im Bergischen

Düsseldorf (dpa). Nordrhein-Westfalen braucht bis zum Jahr 2020 rund 650 weitere stationäre Plätze für psychisch kranke Straftäter. Das teilte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf mit.

Derzeit sind in den 14 Maßregelvollzugseinrichtungen des Landes rund 2500 kriminelle Patienten untergebracht. Künftig sollen alle Regionen des Landes ihren Anteil an einer sicheren Unterbringung der psychisch und sucht-kranken Gewalt- und Sexualstraftäter leisten. Bislang sind die Anstalten eher in kleinen Gemeinden und Randlagen.

130 Entscheidungsträger in den Kommunen erhalten von diesem Mittwoch an ungeliebte Post der Ministerin: Sie werden aufgefordert, bis zum 14. November Standortvorschläge zu machen. Die Grüne hat die Differenz zwischen den vorhandenen Behandlungsplätzen und den steigenden Patientenzahlen pro Landgerichtsbezirk errechnen lassen.

Daraus ergibt sich präzise, wer sein Soll übererfüllt - etwa Bedburg-Hau im Kreis Kleve oder Lippstadt-Eickelborn im Sauerland - und wer eine Versorgungslücke schließen muss. In fünf Landgerichtsbezirken, in denen voraussichtlich die meisten Plätze fehlen werden, muss mindestens eine neue forensische Anstalt geplant werden.

Konkret bittet Steffens auch die Städte des Landgerichtsbezirks Wuppertal (Wuppertal, Solingen und Remscheid sowie Teile des Kreises Mettmann: Haan, Erkrath, Mettmann, Wülfrath, Heiligenhaus, Velbert), Grundstücke dafür vorzuschlagen.

„Bei dieser schwierigen Aufgabe ist mir Transparenz sowie eine frühe und möglichst breite Beteiligung besonders wichtig“, unterstrich die Ministerin. Wenn eine Region gar keine Standort-Vorschläge mache, werde aber das Land eine Lösung für die gesetzlich notwendige Aufgabe finden müssen.

Das Zahl der Patienten ist in den vergangenen zehn Jahren um zwei Drittel gestiegen. Dies liege unter anderem an Gutachtern, die lieber auf Nummer sicher gehen, so dass Lockerungen oder Entlassungen für die Betroffenen immer schwieriger würden, erläuterte Steffens. Vor allem bei Gewalt- und Sexualstraftätern sei die Entlassungsquote äußerst gering, so dass es in den Anstalten zunehmend Patienten gebe, die schon über zehn Jahre im Maßregelvollzug untergebracht seien. Die durchschnittliche Verweildauer liegt bei sieben Jahren.

Generell habe die Zahl der schizophrenen Straftäter zugenommen, berichtete Steffens. Die Gesamtkosten des Maßregelvollzugs trägt das Land. Die zuletzt im Jahr 2000 beschlossene Errichtung von sechs neuen Klinken in Köln, Duisburg, Essen, Herne, Dortmund und Münster mit insgesamt 510 Plätzen sowie der Ersatzneubau in Bedburg-Hau mit 110 Plätzen hat nach Angaben des Ministeriums 186 Millionen Euro gekostet. Jetzt wird die Investition für jeden neuen Platz - ohne Betriebskosten - mit etwa 300 000 Euro beziffert.

Der steigende Bedarf müsse zügig angepasst werden, denn die Erfahrung habe gezeigt, dass es gut zehn Jahre gedauert habe, bis neue Einrichtungen eröffnet werden konnten, unterstrich Steffens. Erst in diesem und im nächsten Jahr können die neuen Plätze in Herne (90) und Münster (54) genutzt werden. Die Übergangseinrichtung in Rheine (84 Plätze) entfällt Ende 2016.