NRW-Hauptschulen: Die Angst vor dem Systemwechsel
SPD-Fraktionsvize Ute Schäfer stellt sich Hauptschullehrern.
Krefeld/ Düsseldorf. Um die Zukunft der Hauptschulen in NRW ist es nicht zum Besten bestellt. Dabei ist es vorrangig kein Qualitäts-, sondern ein Akzeptanzproblem, das ihnen zu schaffen macht: Bei der "Abstimmung mit den Füßen" laufen den Hauptschulen die Schüler davon - allein im Schuljahr 2009/ 2010 verzeichnen sie einen Rückgang von sieben Prozent. Es gibt kaum eine Kommune, die nicht darüber nachdenkt, Schulen zu schließen.
Entsprechend groß ist die Unruhe in den Kollegien. "Wir wissen nicht, wohin der Weg führt", sagt Uwe Engelbrecht, Schulleiter der Stephanusschule, einer katholischen Hauptschule in Krefeld. "Wir haben Angst, als Wurmfortsatz der Realschulen zu enden", formuliert er die Sorgen der Lehrkräfte.
Und die Politik in NRW trägt vier Monate vor der Landtagswahl nicht zur Beruhigung an der Schulfront bei. Während die CDU am dreigliedrigen System festhält, will die SPD die Gemeinschaftsschule einführen, in der die Kinder im Idealfall bis zur Klasse 10 gemeinsam lernen.
Die rückläufigen Schülerzahlen an den Hauptschulen sieht die SPD als "Beleg für die gescheiterte Hauptschuloffensive der Landesregierung". Und die Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD, Ute Schäfer, meint: "Viele Eltern und Kommunen würden sich für eine integrierte Schulform entscheiden, wenn sie wählen könnten." Doch wie verkauft die SPD den Hauptschullehrern das absehbare Ende ihrer Schulform? In der Stephanusschule stellt sich Ute Schäfer den Lehrern.
"Man kann den Schalter nicht einfach umlegen", versucht Schäfer die Ängste vor einem radikalen Systemwechsel mit der SPD zu zerstreuen. Zum einen seien dafür absolute Mehrheiten nötig, "die keine der Parteien in NRW erreichen wird".
Kompromisse seien also gefragt. Zum anderen sei es wichtig, dass die Politik gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Kommunen das Schulsystem weiterentwickele. "Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden für qualitative, wohnortnahe Bildungseinrichtungen." Da sind sich die Vize-Fraktionschefin und die Lehrer einig.
Aber es prasselt auch Kritik auf Ute Schäfer nieder. "Die SPD hat über Jahrzehnte Geld in die Gesamtschulen gepumpt und damit die Probleme der Hauptschulen verstärkt", meint ein Lehrer.
Schäfer betont, dass nicht alle Schüler zum gleichen Abschluss gebracht werden müssten. "Aber mir ist die Durchlässigkeit des Systems wichtig." Soziale Herkunft und Bildungserfolg dürften nicht länger zusammenhängen. Ein Zwei-Klassen-System mit Haupt- und Realschule auf der einen sowie Gymnasium auf der anderen Seite lehne die SPD strikt ab.
"Das längere gemeinsame Lernen ist mir wichtig", so Schäfer. Doch von den Lehrern kommt die Befürchtung, dass man den Kindern dann überhaupt nicht mehr gerecht werde. Schon jetzt kämen die Schüler mit völlig unterschiedlichem Lernstand in die Hauptschule.
"Kleinere Klassen sind da wichtig", sagt Schäfer und bekommt erneut Gegenwind. "Die hätte die SPD schon durchsetzen können, als sie mehr als drei Jahrzehnte an der Macht war", meint ein Lehrer. Da gibt sich Schäfer pragmatisch: "Deswegen sind wir auch abgewählt worden. Wir haben unsere Lektion gelernt."