Öffentlicher Dienst: Zufriedenheit trotz vieler Kröten
Nach der harten Tarifrunde sind Arbeitgeber und Gewerkschaften erleichtert über den Abschluss. Der drohende Streik konnte abgewendet werden.
Potsdam. An ein gutes Ende hatten nur noch wenige geglaubt. Nach fünf erfolglosen Verhandlungsrunden und einer von den Gewerkschaften abgelehnten Schlichterempfehlung schien im Öffentlichen Dienst alles auf einen Arbeitskampf hinauszulaufen. Doch das bis gestern verlängerte Wochenende im Kongresshotel am Templiner See in Potsdam brachte den Durchbruch. "Wir haben uns heute morgen in die Augen geguckt und ich habe gesagt, ich bin optimistischer als an den Vortagen", sagte ein sichtlich erleichterter Verdi-Chef Frank Bsirske nach einem harten Verhandlungsmarathon. Nach Jahren der Entbehrungen erhalten die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst eine ordentliche Gehaltsaufbesserung.
Die Arbeitgeber hatten zwar von vornherein eingeräumt, dass auch ihre Angestellten einen fairen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung haben sollten. Aber den Forderungen der Gewerkschaften nach acht Prozent mehr, mindestens aber 200 Euro, wollten weder Bund noch Kommunen folgen. Im Gegenteil: Für mehr Geld sollten die Tarifbeschäftigten auch mehr arbeiten. An der Arbeitszeitfrage wäre die Tarifrunde beinahe gescheitert, ein großer Streik dann unausweichlich gewesen.
Auch wenn Bsirske von Kröten sprach, die man habe schlucken müssen. Das Ergebnis kann sich für die Gewerkschaften sehen lassen. Alles zusammengerechnet - lineare Erhöhung, Sockelbetrag, Einmalzahlung - holten die Gewerkschaften für zwei Jahre insgesamt 8,9 Prozent heraus.
Auch bei den Arbeitszeiten konnten sie Schlimmeres abwenden. Die Arbeitgeber wollten ursprünglich die Wochenarbeitszeit generell auf 40 Stunden erhöhen. Nun müssen lediglich in vier Bundesländern die Beschäftigten eine halbe Stunde länger arbeiten: 39 statt 38,5 Stunden. In allen anderen Ländern und beim Bund galt bisher schon die 39-Stunden-Woche. Für den Osten allerdings mussten die Gewerkschaften akzeptieren, dass es dort bei 40Stunden bleibt.
Der Vorsitzende der Tarifunion des Beamtenbundes dbb, Frank Stöhr, zollte denn auch den Arbeitgebern seinen Respekt. Sie seien bereit gewesen, bis an ihre Grenzen zu gehen. Die Tarifrunde hat auch gewerkschaftspolitisches Gewicht. Aus einstigen Feinden wurden Partner. Erstmals verhandelten Verdi und die dbb Tarifunion, die 360000 Angestellte organisiert, gemeinsam. Damit wurde eine Zusammenarbeit bekräftigt, die der dbb-Vorsitzende Peter Heesen mit Bsirske im Beamtenbereich begonnen hatte.
Mönchengladbach Die Stadt muss in diesem Jahr 5,5 Millionen Euro mehr für die Angestellten ausgeben. Im Jahr 2009 entstehen Mehrkosten von 3,6 Millionen Euro.
Wuppertal Kämmerer Johannes Slawig spricht von einem Abschluss am oberen Ende des Verkraftbaren. Auf die Stadt kommen im laufenden Jahr Mehrkosten von vier Millionen Euro zu, im kommenden Jahr sind es noch einmal zusätzliche rund zwei Millionen. Im Etat vorgesehen war lediglich eine Steigerung von rund zwei Millionen Euro.
Düsseldorf Die Stadtverwaltung rechnet für dieses Jahr mit Mehrkosten von 9,7 Millionen Euro durch den Tarifabschluss. Ab 2009 sind es insgesamt 17,3 Millionen Euro an Mehrkosten für den Personalhaushalt.
Krefeld Der Tarifabschluss wird die Krefelder in den kommenden zwei Jahren rund zehn Millionen Euro kosten. Oberbürgermeister Gregor Kathstede ist zwar erleichtert, dass es nicht zu einem großflächigen Streik kommt: "Aber wie wir die Mehrbelastung im städtischen Haushalt unterbringen, das wissen wir noch nicht".
Tönisvorst Kämmerin Nicole Wassen hatte schon bei Einbringung des Haushalts 2008 eine Tariferhöhung von 3,5Prozent einkalkuliert. Wenn es jetzt zu einer Erhöhung von 5,1Prozent kommt, bedeutet das "nur" ein Plus von 135000 Euro. 5,1Prozent insgesamt bedeuten in Tönisvorst 450000 Euro Mehrausgaben. Für 2009 rechnet Wassen mit Mehrausgaben von 270 000 Euro.
Kreis Mettmann Der Kreis Mettmann hatte 2,9 Prozent an Tariferhöhung eingeplant. Jeder weiterer Prozentpunkt bedeutet 300 000 Euro für die Kreiskasse.
Kempen Stadtkämmerer Volker Rübo ist für 2008 noch relativ gelassen, da durch positive Effekte wie die reduzierte Kreisumlage und mehr Mittel vom Land noch Reserven da sind. Allerdings kommen in den kommenden Jahren Mehrkosten von mehreren 100 000 Euro auf die Stadt zu.
Grefrath Die Stadt hat ausgerechnet, dass der erzielte Kompromiss in diesem Jahr ein Loch von 50000 Euro in die Kassen reißen wird. Es wurde schon mit einer Erhöhung von drei Prozent kalkuliert, so dass noch überlegt werden muss, wie die restlichen zwei Prozent finanziert werden können.
Neuss Die Erhöhung 2008 soll durch "personalwirtschaftliche Maßnahmen" (resultierend aus der teilweisen Arbeitszeitverlängerung) ohne Budgeterhöhung aufgefangen werden. 2009 wird dies laut Verwaltung vermutlich nicht mehr funktionieren.