Polizei: Blaugemacht für Gaddafi

Libyen: Mittlerweile stehen 14 Polizisten unter Verdacht, Jobs in der Wüste gehabt zu haben.

Düsseldorf. Die Affäre um deutsche Polizisten in Libyen weitet sich aus. Das nordrhein-westfälische Innenministerium räumte gestern ein, dass mehr Polizisten als bisher bekannt in den Skandal verstrickt sind.

Bisher hatte die Landesregierung berichtet, dass acht Beamte aus NRW im Land des Diktators Gaddafi die dortigen Sicherheitskräfte für die eigene Kasse beraten haben. "Nach derzeitigem Kenntnisstand könnten drei weitere aktive und drei ehemalige Polizeibeamte disziplinarrechtlich betroffen sein", sagte Carl von Bauer, Abteilungsleiter Polizei im Landesinnenministerium, im Innenausschuss des Landtags. Und weiter im schönen Behördendeutsch: "Insgesamt liegen über zehn Polizeibeamte des Landes Nordrhein-Westfalen Erkenntnisse darüber vor, dass sie sich im fraglichen Zeitraum in Libyen aufgehalten haben sollen."

Die Beratung in Libyen war nach allen bisherigen Erkenntnissen ein durchaus lukrativer Job: Bis zu 15000 Euro haben die Beamten erhalten. Um an die Fleischtöpfe in der Wüste zu gelangen, sind die Polizisten dabei anscheinend krumme Wege gegangen. Zwei Beamte haben einen genehmigten Sonderurlaub genommen, den aber für ganz andere als die angegebenen Zwecke genutzt. Aber es gab offenkundig noch Dreistere: Einige haben sich nach Angaben des Innenministeriums krank gemeldet. Das sind allesamt krasse Verstöße gegen das Arbeitsrecht. Daher sind neben strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen Beamten wegen Geheimnisverrats gegen die anderen disziplinarrechtliche Schritte eingeleitet worden.

Erstmalig habe die Landesregierung im Juni 2007 durch einen männlichen Informanten von der "Libyen-Connection" erfahren. "Wir haben vorher davon weder etwas gewusst noch gar etwas veranlasst", betonte Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP). Noch im Juli 2007 sei das Polizeipräsidium Düsseldorf vom Innenministerium mit der Ermittlungsführung beauftragt worden, noch am gleichen Tag wurde von dort eine Strafanzeige gestellt. Gegen acht Beamte sind bisher Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Sie sind von allen Spezialaufgaben abgezogen worden und im normalen Polizeidienst tätig.

Allerdings hat die Bundeswehr bereits ein Jahr vor der NRW-Landesregierung gewusst, dass auch Soldaten in Libyen Nebenjobs nachgingen. Warum das Land erst später informiert wurde, konnte Wolf nicht sagen.

Die Opposition gab sich mit den Ausführungen des Ministers und seiner Beamten nicht zufrieden. "Das ist einer der größten Polizei-Skandale in der Geschichte Nordrhein-Westfalens", sagte SPD-Innenexperte Karsten Rudolph. Auch Monika Düker (Grüne) zeigte sich mit den Auskünften des Ministeriums nicht zufrieden: "Wolf konnte uns nicht erklären, warum er erst so spät informiert worden ist und warum er dem Parlament nichts gesagt hat."

Es verschlägt einem den Atem, was da so nach und nach aus dem Polizeiapparat dringt: Da melden sich Staatsdiener krank, um gegen viele Petrodollars die Sicherheitskräfte eines Diktators fit zu machen. Und das will niemand von den lieben Kollegen oder Vorgesetzten gewusst haben? In Mega-Organisationen wie Polizei oder Bundeswehr wird über alles getratscht. Und da will niemand gemerkt haben, wenn der ach so kranke Kollege braungebrannt und gut gelaunt ob des dicken Kontos wieder aufgetaucht ist? Es ist ein gefährlicher Korpsgeist, der solche Missetäter deckt. In dem Fall sind auch Mitwisser Täter.