So will Umweltministerin Svenja Schulze will den Diesel retten

Die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) fordert eine Hardware-Nachrüstung — und sucht den Konflikt mit Verkehrsminister Andreas Scheuer.

Will Akzente setzen: Svenja Schulze mit Thomas Kutschaty. Foto: dpa

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Dienstagabend feierte Svenja Schule auf dem Sommerfest der SPD im Düsseldorfer Landtag. Am Morgen zuvor ließ die Bundesumweltministerin (SPD) sich bei der Firma „Twintec Technologie GmbH“ in Witten zeigen, wie Hardware-Nachrüstungen bei schadstoffreichen Diesel-Autos funktionieren. „Durchaus bezahlbar“, wie sie festgestellt habe: Zwischen „2000 und 2500 Euro“ würden pro Pkw fällig. Zwischen beiden Terminen brachte Schulze die neue Linie der SPD, künftig mehr Alternative denn leichtläufiger Handelspartner in der Regierung sein zu wollen, im Thema Diesel-PKW auf den Punkt: Zusammen mit SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty verlangte sie von der Autoindustrie, endlich auf deren Kosten für Hardware-Nachrüstung zu sorgen.

Der Grund: „Ich will Fahrverbote unbedingt vermeiden.“ Allerdings gehe sie von genau solchen Verboten aus. „Wir sehen das in Aachen, es wird im Ruhrgebiet, es wird in Köln, es wird an ganz vielen Stellen dazu kommen.“ Das sei „letzter Warnruf“, sagte Schulze, und hielt eine Brandrede auf Hybrid- und nachgerüstete oder eben neueste Dieselautos auf dem Weg der zur Verkehrswende in eine „mehr elektrische Gesellschaft“.

Das Problem: Schulze sitzt am Kabinettstisch mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Und der Mann aus Bayern plädiert im Angesicht seiner rheinisch-westfälischen Kollegin — Schulze stammt aus Düsseldorf und lebt in Münster — längst für anderes Vorgehen: für Software-Lösungen, die Schulze wiederum als „Billig-Lösung“ deklariert.

Und wenn Scheuer sagt, es gebe technische, rechtliche und finanzielle Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen, entgegnet Schulze, ihr „Kollege Verkehrsminister“ müsse noch „was liefern“: Zum Beispiel das „rechtliche Regelwerk, dass diese Nachrüstungen jetzt auch wirklich angewendet werden können“.

Kein Zweifel: Die 49-Jährige geht auf Konflikt, will einen Akzent setzen. Und sie hat gerechnet: Würde die Hardware nur in den Städten nachgerüstet, in denen Fahrverbote drohen, käme die Industrie auf Kosten von rund 3,3 Milliarden Euro. 4,5 Milliarden Euro seien es mit eingerechnetem Umland. Sie hält das für einen „akzeptablen Betrag“. Das Problem: Schulze kann die Industrie nicht verpflichten. „Sie können sich auf Genehmigungen zurückziehen, die sie für ihre KfZ haben“, erklärt Schulze, findet aber: „Es gibt aber eine politische Verpflichtung.“

Zweifel am Druck, der bald von den Kommunen ausgehe, die Fahrverbote umsetzen müssen, haben weder Schulze noch Kutschaty. Der Fraktionschef aus Essen hielt es für „absurd“, dass die Autohersteller inzwischen Profiteure der Diesel-Krise seien, weil die Verbraucher neue Autos kauften. „Die Zahlen der Branche sind gut wie nie.“

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte zum Thema wiederholt erklärt, er halte angesichts der Vielzahl von Programmen von Bund, Land und Kommunen zur Luftreinhaltung Dieselfahrverbote für unverhältnismäßig. Falls eine Bezirksregierung Fahrverbote verhängen sollte, „gäbe es die rechtliche Möglichkeit, das zu untersagen“.

Nach Angaben des NRW-Umweltministeriums arbeitet die Landesregierung derzeit mit den Bezirksregierungen „intensiv“ an der Fortschreibung der Luftreinhaltepläne, die Anfang 2019 in Kraft treten sollen. Dies betreffe insbesondere die in der letzten Legislaturperiode unter Rot-Grün beklagten Luftreinhaltepläne für die Kommunen Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen und Köln.