Sommer macht Gesamtschulen Beine
Das Zentralabitur 2008 zeigt dramatische Leistungsunterschiedezu den Gymnasien. Ein Plan soll helfen.
Düsseldorf. Lange war Barbara Sommer (CDU) in der Versenkung verschwunden. Nach diversen Pannen in ihrem Ministerium hatte es Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) selbst übernommen, die Öffentlichkeit über die Bildungspolitik in Nordrhein-Westfalen auf dem Laufenden zu halten. Gestern nun tauchte die Schulministerin wieder auf - selbstbewusst und auf den ersten Blick mit guten Nachrichten im Gepäck: So haben die Abiturienten im Land in diesem Jahr das beste Abitur seit Beginn der Dokumentation 1992 hingelegt. Der Notendurchschnitt lag bei 2,63, nach 2,64 beim ersten Zentralabitur im Vorjahr.
"Unser Zentralabitur hat sich bewährt", sagte die in der Vergangenheit arg gescholtene Ministerin und schaute triumphierend in die Runde der zahlreich erschienenen Journalisten. Die 10000 Euro teure Schulung bei PR-Profi und ZDF-Moderator Alexander Niemetz schien gewirkt zu haben. Mit dem neu gewonnenen Selbstbewusstsein strafte sie im Anschluss gleich die Gesamtschulen ab, die einen schwarzen Fleck bilden auf der weißen Weste des Zentralabiturs.
Von "deutlichen Leistungsunterschieden" sprach Barbara Sommer, die "nicht länger ignoriert" werden dürften. An den Gymnasien liege die Durchschnittsnote bei 2,59, an den Gesamtschulen bei 2,87. Die Durchfallerquote an den Gymnasien betrage 1,8 Prozent, an den Gesamtschulen 6,7Prozent. Während an den Gymnasien die Prüfungsnoten von den Durchschnittsnoten der Klausuren in der Regel leicht nach oben abwichen, hätten sich an Gesamtschulen Abweichungen nach unten ergeben. "Insbesondere in Mathematik und Physik, aber auch in Englisch macht das bis zu einer ganzen Note aus", zeigte sich Sommer unzufrieden.
"Anstatt den Schülern neue Chancen zu eröffnen, schaffen es die Gesamtschulen bislang nicht, ihre Schüler auf ein vergleichbares Leistungsniveau zu bringen." Und der Opposition schickte die Ministerin gleich eine Kampfansage hinterher: "Jahrelang haben sich die SPD-Vorgängerregierungen die Gesamtschulen aus ideologischen Gründen schön geredet. Angesichts der Leistungsunterschiede ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass die SPD weiter an ihrem Konzept der Einheitsschule festhält."
Als Konsequenz aus dem schlechten Abschneiden verordnet Sommer den Gesamtschulen einen Sieben-Punkte-Plan. Unter anderem sollen Expertengruppen einen besseren Unterricht sicherstellen; Schulen mit "ausgewiesenen Problemen" erhalten eine fachaufsichtliche Beratung der Bezirksregierungen; die Lehrer werden besser fortgebildet.
Selbstbewusst geht die Ministerin auch mit den diesjährigen Problemen bei den zentralen Abiturprüfungen um. So hatte etwa eine umstrittene Leistungskursaufgabe im Fach Mathematik ("Oktaeder des Grauens") für Aufregung bei Schülern gesorgt und die Ministerin veranlasst, einen Nachschreibetermin anzubieten. "Das Thema ist durch, es ist alles gesagt worden", betonte Sommer. Insgesamt hätten 8,6 Prozent der betroffenen Abiturienten die Möglichkeit genutzt und die Arbeit nachgeschrieben. 75Prozent verbesserten sich, 17Prozent schrieben dieselbe Note, acht Prozent schnitten schlechter ab.
Damit Pannen künftig nicht mehr vorkommen, richtet Sommer einen Sachverständigenrat ein. Das unter anderem mit dem Dortmunder Professor Wilfried Bos und Pisa-Koordinator Andreas Schleicher hochkarätig besetzte Gremium soll dafür sorgen, dass die Prüfungsaufgaben noch sorgfältiger ausgewählt werden.