Urteil: Ein Sieg für das NRW-Parlament
Das Verfassungsgericht stärkt die Rechte der Abgeordneten.
Düsseldorf. Für Feiern blieb ihm keine Zeit: Nach seinem großen Erfolg vor dem NRW-Verfassungsgericht in Münster setzte sich Reiner Priggen, stellvertretender Fraktionschef der Grünen im NRW-Landtag, in den Zug nach Berlin: politische Termine. Doch am Telefon gab sich der eher nüchterne Politiker geradezu euphorisch: "Das ist eine sehr gute Entscheidung für das Parlament", sagte er unserer Zeitung am Telefon.
Der Abgeordnete Priggen hatte geklagt, weil er sich in seinen Rechten über Jahre beschnitten fühlte. Priggen ist ein ausgewiesener Energieexperte und Gegner des subventionierten Bergbaus - auch schon zu Zeiten, als die Grünen mit der SPD in NRW regierten. "Schon damals wollte ich immer wissen, welcher Zechenstandort wie viel kostet. Aber damals hat das Wirtschaftsministerium gemauert. Und das hat sich später unter Schwarz-Gelb nicht geändert, auch wenn die jetzt endlich den Kohleausstieg beschlossen haben", sagte Priggen.
Bei der Subventionierung der Steinkohle geht es um sehr viel Geld. Rund 600 Millionen Euro im Jahr gab das Land der Deutschen Steinkohle AG. "Das ist Steuergeld. Aber es fehlte jede Transparenz, wofür das Geld genau verwendet wurde", so Priggen. Dabei gebe es je nach Zeche immense Kostenunterschiede. So fielen etwa beim Standort Ibbenbüren gerade einmal drei Euro pro geförderter Tonne Steinkohle an Ausgleichskosten für Bergschäden an.
Denn in Ibbenbüren wird weitgehend unter Äckern und Wiesen abgebaut. Anders sieht es zum Beispiel beim Bergwerk Ost aus. Dort können die Zusatzkosten leicht 20 bis 30Euro pro Fördertonne betragen. "Das gleiche gilt für die tatsächlichen Förderkosten. Sie sind von Standort zu Standort sehr unterschiedlich. Uns hat man aber nie eine detaillierte Übersicht gegeben", so Priggen.
Das widerspreche aber dem Transparenzprinzip, das gerade für Steuergelder gelten müsse, befand auch das Gericht. "Endlich muss der Konzern uns umfassend informieren", sagte Priggen.
Dem Urteil wird über das konkrete Kohlethema hinaus schon jetzt grundsätzliche Bedeutung zugewiesen. Denn es stärkt die Rechte der Abgeordneten, Priggen nennt es einen Meilenstein. Das Fragerecht der Abgeordneten erstrecke sich "auf alle Gegenstände, für welche die Regierung zuständig sei", heißt es in der Pressemitteilung des Verfassungsgerichts. Das gelte auch für ein Privatunternehmen, wenn der Staat intensiv mit ihm zusammenarbeite - wie etwa im Fall der Steinkohle.
Die Grünen und auch die SPD sehen nun aber die Rechte der Opposition auch in anderen Politikfeldern gestärkt. So verlangt die SPD seit langem eine exakte Aufstellung über die Empfänger von Agrarsubventionen und anderer Förderzuweisungen des Landes.
Und die Grünen wittern Morgenluft beim Skandal um PFT in Trinkwasser. Dort monieren sie, dass das Umweltministerium nur äußerst widerspenstig und dann auch nur in kleinen Dosierungen Informationen heraus gibt.