SPD-Parteitag: Hannelore Kraft - „Wir sind das Original, Rüttgers die Fälschung“

Interview: Die SPD-Landeschefin Hannelore Kraft sieht große Unterschiede bei den Vorstößen von Beck und dem NRW-Ministerpräsidenten.

Düsseldorf. Frau Kraft, hat Sie Jürgen Rüttgers in die Arme von Kurt Beck getrieben?

Kraft: Quatsch. Ich lasse mich von Herrn Rüttgers nirgendwo hin treiben. Sie meinen natürlich die Debatte um Hartz IV: Da trennen Kurt Beck und Jürgen Rüttgers Welten. Im übrigen: Ich mag Kurt Beck.

Aber er ist in der Diskussion das Plagiat, Rüttgers das Original. Das muss Sie als SPD-Landeschefin doch wahnsinnig machen: Der CDU-Mann geht in NRW als der beste Sozialdemokrat durch.

Kraft: Wir sind das Original, Rüttgers ist die Fälschung. Umfragen zeigen: Die SPD hat mit Abstand die höchste Kompetenz bei sozialer Gerechtigkeit. Das werden wir auch mit dem Vorstoß zum ALGI zeigen: Wir wollen Älteren eine längere Zeit das Arbeitslosengeld I zahlen und finanzieren das aus den Überschüssen der Bundesagentur für Arbeit. Rüttgers will auch länger zahlen, es aber Jüngeren, Frauen und denjenigen wegnehmen, die immer mal wieder arbeitslos waren. Das ist unsozial und ungerecht.

Aber für Sie kommt der Vorstoß zu spät - Rüttgers gilt als Sozialpapst. Was machen Sie dagegen?

Kraft: Die Leute merken längst, dass er links blinkt, aber rechts abbiegt. Er macht im Lande alles andere als eine soziale Politik, er hat im Sozialen und bei Familien gekürzt, die Mitbestimmung beschnitten. Das merken die Leute. Eine Internet-Umfrage des WDR belegt das: 89 Prozent bescheinigen dem Ministerpräsidenten, er stehe nicht für soziale Gerechtigkeit.

Das hört sich an wie das Pfeifen im dunklen Wald. In den Umfragen liegt die SPD sowohl im Bund als auch im Land weit hinter der CDU. Wie soll sich das ändern?

Kraft: In NRW sind wir auf Schlagdistanz. Die Bundes-Werte sind nicht so toll, das stimmt. Aber das wird sich ändern. Von unserem Bundesparteitag in Hamburg wird ein starkes Signal ausgehen: Wir sind die Partei der sozialen und wirtschaftlichen Verantwortung.

Aber Sie haben mit Franz Müntefering einen Vizekanzler und Arbeitsminister, der den Streit mit Beck verloren hat und inhaltlich gegen die Mehrheitsmeinung der Partei steht. Ist er noch tragbar?

Kraft: Natürlich. Franz Müntefering ist angesichts der sinkenden Arbeitslosenzahlen ein höchst erfolgreicher Arbeitsminister und eine Stütze dieser Koalition. Er hat in einer Detailfrage eine andere Meinung. Aber er wird das mittragen.

Wird aus dem Beck-Vorschlag Regierungspolitik?

Kraft: Davon gehen wir fest aus. Und dann wird es spannend sein zu sehen, wie sich die CDU und vor allem Herr Rüttgers verhalten. Die CDU hat auf ihrem Parteitag beschlossen, länger Arbeitslosengeld I zu zahlen, wenn der Kündigungsschutz aufgeweicht wird. Mal sehen, was der selbsternannte Arbeiterführer Jürgen Rüttgers dazu sagt. Und mal sehen, was sein Koalitionspartner FDP sagt, wenn der Ministerpräsident die Änderungen beim Kündigungsschutz, die auch die FDP will, nicht mitträgt.

Wird Beck der nächste SPD-Kanzlerkandidat?

Kraft: Das wird zur gegebenen Zeit entschieden.

Das ist banal. Wären Sie für Beck?

Kraft: Er hat jetzt erneut bewiesen, dass er sich durchsetzen kann. Aber daran hatte ich keinen Zweifel. Alles andere wird sich dann zeigen.

Hat die NRW-SPD ihn zu seinem Vorstoß gedrängt?

Kraft: Nein, aber wir haben Vorschläge gemacht, die genau in diese Richtung gingen.