Spritpreise machen Bahn voll

Verkehr: Die Zahl der Fahrgäste im Nahverkehr steigt immer weiter. Die Umsteiger wollen damit vor allem Geld sparen.

Düsseldorf/Köln. Die Zeiten, in denen sich Ingrid Adamczak über die hohen Benzinpreise den Kopf zerbrechen musste, sind für sie vorbei. Seit ein paar Monaten legt die Referendarin ihren mehr als 35 Kilometer langen Arbeitsweg von Köln nach Siegburg mit der Bahn zurück. 95 Euro zahlt sie für ihr Monatsabo. Würde sie mit dem Auto fahren, wären allein die Benzinkosten fast doppelt so hoch - bei einem Nettoverdienst von rund 1000 Euro kaum zu machen: "Die Strecke mit dem Auto zu fahren, kann ich mir nicht leisten." Dass sie mit der Bahn mehr als doppelt so lang unterwegs ist, nimmt die 30-Jährige dabei in Kauf.

Unter den 22 Millionen Pendlern in Deutschland gehört Adamczak zur Minderheit. Nur elf Prozent fahren laut ADAC mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit, rund 20 Prozent verlassen sich auf das Fahrrad oder gehen zu Fuß. Der Rest ist mit dem Auto unterwegs. Gerade in ländlichen Gebieten fällt der Verzicht auf den eigenen Wagen besonders schwer. Oft gebe es keine passenden Verbindungen, oder Busse und Bahnen führen zu selten, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel. "Wir bekommen viele Anrufe von Autofahrern, die an den hohen Preisen regelrecht verzweifeln." Gerade Menschen mit geringem Einkommen, die auf das Auto angewiesen seien, treffe es besonders hart.

In den Ballungsräumen sieht die Lage anders aus. "Da muss man nicht den Fahrplan kennen, man kann einfach losgehen", sagt Karola Lambeck vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Da fällt das Umsteigen leichter. Um über sieben Prozent sind die Fahrgastzahlen seit dem Jahr 2000 bundesweit nach oben geklettert. Die Deutsche Bahn meldete für April 20 Millionen Reisende mehr als noch im Januar. Auch Straßen- und U-Bahnen werden immer beliebter. Obwohl hier konkrete Zahlen für ganz Deutschland noch fehlen, zeigt sich der VDV optimistisch, dass der Trend der vergangenen Jahre auch 2008 anhält.

Ob ein Fahrgast tatsächlich wegen der hohen Benzinpreise mit der Bahn zur Arbeit fährt, oder ob andere Gründe wie ein gestiegenes Umweltbewusstsein die Ursache sind, ist kaum festzustellen. "Aber wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Am Ende zählt das Geld", meint Sabine Tkatzik, Sprecherin des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, der seit Jahren steigende Fahrtenzahlen vermelden kann - 2007 waren es 1,1 Milliarden im Verbundgebiet. "Mit steigenden Benzinpreisen verzeichnen wir immer mehr Fahrgäste." Selbst mit der Preiserhöhung zum 1.August um durchschnittlich 5,5 Prozent sei das Preis-Leistungs-Verhältnis im Nahverkehr immer noch sehr günstig. Tkatzik: "Für das Pendeln in die Städte kommen auch noch die Parkgebühren als Kostenfaktor hinzu."

Der morgendliche Andrang an den Bus- und Bahnhaltestellen in der Region Düsseldorf wird größer. Die Rheinbahn befördert täglich 700000 Menschen in und rund um die Landeshauptstadt. Und es werden immer mehr "Ich habe den Eindruck", so Rheinbahnsprecher Georg Schumacher, "dass der Verkauf der Monatskarten angesichts der Rekordpreise beim Benzin immer besser läuft." Inzwischen hat die Rheinbahn bereits 205000 Abonnenten. "Jede fünfte Person in unserem Kerngebiet hat bereits eine Dauerkarte."

Nach den Sommerferien ist auch Frank Schön aus Kaarst dabei. 76,11 Euro muss er dann monatlich für die Fahrt mit Bus und Bahn zur Arbeit nach Düsseldorf zahlen. Vor dem Urlaub waren für die 18-Kilometer-Strecke rund 150Euro nur an Benzinkosten fällig. "Dazu kamen noch 140 Euro für die Tiefgarage", so der Abteilungsleiter einer Versicherung. Schon seit einiger Zeit spart sich Sebastian Katthöver das Spritgeld. Die 25 Kilometer zur Arbeit legt der 27-jährige Kölner mit der Straßenbahn zurück. Er hat ein Jobticket und eine Bahncard auf Firmenkosten. Die kann er auch in der Freizeit nutzen. Sein Auto hat er deshalb abgeschafft. "Viel zu teuer. Und in der Stadt brauche ich es einfach nicht."