Stadtwerke/Gemeindereform: Angst vor Düsseldorf

Das neue NRW-Gesetz würde die Marktmacht privatisierter Betriebe extrem stärken.

Düsseldorf. In vielen Rathäusern Nordrhein-Westfalens besteht noch Hoffnung, doch sie ist nach Lage der Dinge gering: Die neue Gemeindeordnung wird kommen und mit ihr die auch von vielen CDU-Oberbürgermeistern und -Landräten bekämpfte Einschränkung für die wirtschaftlichen Aktivitäten der Stadtwerke. Daran hat der Massenprotest vor dem Landtag ebenso wenig etwas in der Substanz geändert wie die vielen Krisengespräche im Landtag. "Wir stehen zu den Reformen", gab Rainer Laux, Kommunalpolitiker der CDU-Landtagsfraktion, gerade erst zu Protokoll.

Dennoch gärt es weiter in der Unions-Fraktion. Denn dort gibt es immer noch eine starke Gruppe, die nicht verstehen will, warum die kommunalen Betriebe per Gesetz schlechter gestellt werden sollen als die private Konkurrenz. Gerade die stark in ihren Wahlkreisen verwurzelten Abgeordneten reden mit Engelszungen auf die Fraktionsführung ein, um Änderungen zu erreichen.

Womöglich hilft ihnen das Beispiel Düsseldorf. Die dortigen Stadtwerke sind seit Anfang 2006 kein kommunales Unternehmen mehr, weil der baden-württembergische Energieriese EnBW mit 74,9 Prozent die Mehrheit hält. Deswegen gelten für sie keine Kommunalgesetze. Sie dürfen und sie sollen expandieren, das ist die offizielle Marschroute von EnBW-Chef Utz Claassen. Das tun sie mit Erfolg. In ganz NRW und auch in der fernen Bundeshauptstadt Berlin gehen sie auf Kundenfang für ihre Stromangebote. Die liegen oft unter den Kursen der lokalen Anbieter, der saubere aber auch etwas teurere "Naturrhein-Strom" ist ein Angebot für alle Umweltbewussten.

Immerhin 70 000 Kunden außerhalb des Düsseldorfer Stadtgebiets hat die eifrige Marketingabteilung der Düsseldorfer Stadtwerke bereits eingeworben - 20 Prozent des Kundenbestands. Plakate etwa in Kaarst, Meerbusch, Neuss oder an der A 46 sprechen gezielt Wechselwillige aus dem Umland an, Heißluftballons werben auch im Westfälischen. Dazu kommt eine Vertriebskooperation mit der Deutschen Post für Berlin. Vor allem aber fruchten die Bemühungen bisher im direkten Umland. Dort habe man schon einen Marktanteil von bis zu fünf Prozent, sagte eine Stadtwerke-Sprecherin unserer Zeitung.

Privat vor Staat Diese Losung der schwarz-gelben Landesregierung soll nun für die kommunalen Betriebe gelten. Sie sollen sich nur noch dann wirtschaftlich betätigen können, wenn "ein dringender öffentlicher Zweck" erfüllt ist und sie dies billiger und besser als Private erledigen können. Ihr Kernbereich wird auf die Daseinsfürsorge, also die Versorgung mit Gas, Wasser und Strom, eingeengt. Für bestehende Firmen gibt es einen Bestandsschutz, eine Entwicklung darüber hinaus wird untersagt. Die Stadtwerke sollen künftig nur innerhalb ihrer lokalen Grenzen arbeiten, Fusionen mit benachbarten Werken bleiben unter Auflagen erlaubt.

Protest Die Opposition aus SPD und Grünen ist gegen die Pläne, aber auch in der CDU gibt es eine Gegenbewegung vor allem in den Kommunen. An der Massendemonstration vor dem Landtag nahmen viele führende CDU-Leute teil. Nur die FDP stützt vorbehaltlos die Reform. Deshalb gibt es in der CDU Stimmen, die in dem Vorhaben einen Kotau vor den Liberalen sehen.