Ministerpräsidentin zur Schulpolitik Turbo-Abi oder doch G9? Kraft legt sich nicht fest
Düsseldorf. Das Thema nimmt Fahrt auf und wird im Wahlkampf vor den Landtagswahlen im Mai kommenden Jahres ein großes Thema sein: G8 oder G9 in Nordrhein-Westfalen, Turbo-Abi, ein reformiertes Turbo-Abi als Kompromiss - oder zurück zur herkömmlichen Beschulungszeit?
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) will sich in dieser Frage auch weiterhin nicht festlegen. Innerhalb der SPD ist das Thema hoch umstritten.
„Es ist eine sehr intensive Debatte, die geführt wird. Und ob das zu Veränderungen führt, wird man sehen“, sagte Kraft am Freitag auf der Landespresskonferenz. Ihr Fahrplan: Der von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) anberaumte Runde Tisch im Herbst solle zur Ergebnisfindung beitragen. Dass der aber zeitlich gesehen erst nach dem SPD-Parteitag in Bochum in zwei Wochen zusammenkommen wird, wo die Delegierten über eine Rückkehr zu G9 und über andere Modelle diskutieren und auch abstimmen sollen, wie die Landesparteivorsitzende am Freitag ankündigte, - damit müsse man dann leben.
„Das kommt in der Politik häufiger vor“, sagte Kraft und meinte die in zwei Wochen drohenden Parteibeschlüsse, die mit Ergebnissen des Runden Tisches in Konfrontation gehen könnten. Es werde Anfang 2017 einen weiteren Parteitag geben, auf dem das Programm für die Landtagswahl beschlossen werde. Wann es „welche Konkretisierungsstufe“ geben werde, sagte Kraft, „da sind wir noch im Prozess“.
So gut wie sicher ist: Auf die Schulen wird eine Veränderung nach den Landtagswahlen zukommen. Wieder einmal. Denn auch Kraft bekräftigte am Freitag, es für falsch zu halten, dass die schwarz-gelbe Vorgängerregierung noch unter dem Ministerpräsidenten Rüttgers die Sekundarstufe I verkürzt habe. Das habe zu Unterrichtsverdichtungen in den Klassen 5 bis 9 geführt. „Das damals ein gravierender Fehler.“ Daher habe Rot-Grün nachträglich Verbesserungen in Gang gebracht. SPD und Grüne hatten ursprünglich eine verkürzte Oberstufe angestrebt, erinnerte Kraft.
Während die NRW-FDP - einst entschiedener Verfechter von G8 — künftig für eine Wahlfreiheit von Schulen plädiert, hat auch die Landes-CDU noch zu keiner Position in dieser Frage gefunden, soll sich aber in die Richtung einer verbesserten G8-Lösung bewegen und auch einer Wahlfreiheit der Schulen nicht abgeneigt sein.
Landtagspräsidentin Carina Gödecke hatte vor Tagen in einer Debatte mit Schülern über das ungeliebte G8 gesagt: „Wir Erwachsenen versündigen uns an euch.“ Kraft wollte die Äußerung ihrer SPD-Parteifreundin am Freitag nicht kommentieren, machte aber auch deutlich, dass sie aufrechterhalten will, was Sie schon vor fast drei Wochen im Interview mit unserer Zeitung gesagt hat: Dass sie nämlich eigentlich „für Stabilität in der Schulpolitik sorgen und Lehrer, Eltern und Kinder nicht einem ständigen Hüh und Hott auszusetzen“ wolle.
Am Freitag sagte Kraft dazu: Zwar müsse man nun wieder in diese Strukturdebatte eintreten, eine Entscheidung darüber allerdings „in aller Ruhe“ treffen. Es sei aber zum Leid von Schülern, Eltern, Lehrern und Schulen, wenn man „ständig“ Strukturdebatten führe. Die Bürgerinitiative „G-ib-8“ hatte die Parteien im Düsseldorfer Landtag jüngst aufgefordert, G9 bis Dezember per Gesetz zu beschließen, so dass die Schulen sich zum Schuljahr 2017/18 von G8 wieder auf G9 umstellen könnten. Dazu allerdings wird es kaum kommen.