Verkehrsunternehmen fürchten neue Millionen-Löcher

Die Existenz vieler mittelständischer Firmen sei gefährdet, das Wirtschaftsministerium bestreitet das.

Düsseldorf. Tücken im Detail und ein sperriger Name: das ist das Tariftreuegesetz. Am Mittwoch wurde es im Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken beschlossen.

Der Sinn des Gesetzes: Es soll verhindern, dass Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, Dumpinglöhne zahlen. Dazu wird ein Mindestentgelt von 8,62 Euro in der Stunde festgelegt. Den Verkehrsunternehmen wird zudem vorgeschrieben, nur Firmen mit Dienstleistungen zu beauftragen, die „einen repräsentativen Tarifvertrag“ anwenden. Und da steckt der Teufel im Detail: Welcher Tarifvertrag „repräsentativ“ ist — und ob das auch mehrere sein können, ist unklar.

Das macht Dirk Biesenbach, Chef der Düsseldorfer Rheinbahn und NRW-Vorsitzender des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, Sorgen: „Im schlimmsten Fall kann das bedeuten, dass viele mittelständische Unternehmer ihren Laden dicht machen können.“ Gemeint sind die privaten Bus-Firmen (geschätzt sind es mehrere hundert im Land), die im Auftrag öffentlicher Verkehrsunternehmen im Liniendienst unterwegs sind. Die Rheinbahn etwa hat fast 40 Prozent aller Buskilometer an solche Firmen vergeben, die den niedrigeren Tarif für das private Omnibusgewerbe in Nordrhein-Westfalen (NWO) zahlen. Der Unterschied zum Spartentarifvertrag für Nahverkehrsbetriebe liegt in der höchsten Gehaltsstufe bei rund 9000 Euro brutto im Jahr. Wobei Löhne nach dem NWO immer noch deutlich über dem vereinbarten Mindestentgelt liegen.

Sollte der NWO durch das Gesetz ausgeschlossen werden, werde den privaten Bus-Firmen die Existenzgrundlage entzogen, meint Biesenbach. Zudem kämen auf die Verkehrsunternehmen — und damit letztlich auf die Kommunen — Mehrkosten in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro im Jahr zu, plus zehn Millionen für den Schülerverkehr. Das Wirtschaftsministerium hält solche Rechnungen für unseriös. Erstens werde eine Arbeitsgruppe noch ausarbeiten, wie viele und welche Tarifverträge „repräsentativ“ sein sollen. Zweitens enthalte das Gesetz eine „Kostenausgleichsregelung für Kommunen“. Heißt: Eventuelle Mehrkosten würden vom Land aufgefangen.