Verschwendung trotz Klimawandels: Kohle verpufft in der Luft

NRW ist das Energieland Nummer Eins. Doch in Zeiten des Klimaschutzes werden die Kohlekraftwerke zum Problem.

<strong>Düsseldorf. Nordrhein-Westfalen ist das Energieland Nummer Eins. Stolz haben das über Jahrzehnte Unternehmen ebenso wie die jeweiligen Landesregierungen betont. Was früher der Stolz des Landes war, könnte sich in den kommenden Jahren zu einem handfesten und vor allem auch teuren Problem entwickeln. Denn die Energiemultis wie RWE und Eon gehören zwar zu den vier Marktbeherrschern bundesweit, setzen jedoch zwischen Rhein und Weser nahezu ausschließlich auf den Rohstoff Kohle. Rund 80 Prozent der Energie wird hier entweder aus (meist importierter) Stein- oder der heimischen Braunkohle gewonnen. Das ist in Zeiten der Klimaschutz-Diskussion ein Problem.

Die größten Dreckschleudern Europas liegen am Rhein

Denn immer häufiger lenken Klimaschützer den Blick auf die alten Kraftwerke etwa entlang des Rheins, die seit Jahrzehnten brav ihren Dienst versehen, längst abgeschrieben und deswegen betriebswirtschaftliche Goldgruben sind, vor allem aber jedes Jahr Millionen von Tonnen CO2 in die Umwelt blasen.Alleine die RWE-Braunkohlekraftwerke Niederaußem, Weisweiler, Neurath und Frimmersdorf produzieren im Jahr nach einer Statistik der Bundesnetzagentur rund 83 Millionen Tonnen CO2 und zählen damit zu den größten Dreckschleudern in Europa.

Das ist vor allem bei der aktuellen Diskussion um den künftigen Emissionshandel ein gewaltiger Nachteil. Bislang gibt es großzügige Regelungen für die Energiemultis, die auf ähnliche Vergünstigungen auch künftig drängen. Auch wenn Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) mannhaft beteuert, es gebe künftig keinen Kohlebonus, argwöhnen Umweltschützer und die Grünen, dass genau das eintritt. "Zumindest müssen Kohlekraftwerke mit Gaskraftwerken gleichgestellt werden", sagt dazu Reiner Priggen, Energieexperte der Grünen im NRW-Landtag.

Die Energielobby jedenfalls ist unterwegs, um ihre Interessen zu vertreten, sucht den Kontakt zu Bundes- und Landesregierung. Für sie geht es um Milliarden. Und wie so häufig schon in der Vergangenheit führen sie ihr Investitionsprogramm als stärkstes Argument ins Feld. Damit haben sie sich schon die Abbaurechte für das Braunkohlefeld Garzweiler II erhandelt, weil sie damals ein 20-Milliarden-Programm in Aussicht stellten. Jetzt sind Laut Bundesnetzagentur 19 neue Kohlekraftwerke alleine in NRW in der Planung.

Doch da sorgt die jüngste Entwicklung für Skepsis. 2002 war vom damaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) mit großem Medienauftrieb das neue Kraftwerk Niederaußem in Betrieb genommen worden. Zugesagt wurde, dass dafür schnell alte Kraftwerksblöcke mit einem viel geringeren Wirkungsgrad und damit einer schlechten Umweltbilanz vom Netz genommen werden. Das ist bis heute so nicht geschehen, RWE spricht mittlerweile vom Jahr 2009.

Priggen sieht darin einen glatten Wortbruch und vermutet noch Schlimmeres. "RWE sagt mittlerweile ganz offen, dass sie konstant im Jahr 100 Millionen Tonnen Braunkohle verfeuern will. Damit ändert sich am CO2-Ausstoß gar nichts."

Diese Aussichten stehen in einem krassen Gegensatz zum Aktionsplan der Bundesregierung, die eine Abkehr von den fossilen Energieträgern vorsieht. Bis zu 40 Prozent weniger CO2 soll bis 2020 in Deutschland produziert werden. Da der Klimakiller zu 50 Prozent aus Kraftwerken kommt, ist dieses Ziel kaum zu erreichen, wenn die Industriepläne umgesetzt werden. Die neueste Technik garantiert einen Wirkungsgrad von 45 Prozent bei Braunkohle-Kraftwerken - der Rest verpufft in der Atmosphäre.