Privat-Uni Witten-Herdecke ist knapp bei Kasse

Potente Geldgeber sollen Witten-Herdecke retten. Im Gespräch ist ein Heidelberger Klinik- und Fachhochschulbetreiber. Der Ruf der Hochschule ist angekratzt.

<strong>Witten. Deutschlands älteste Privatuniversität Witten-Herdecke kämpft ums Überleben. Die Studenten dort zahlen zwar bis zu 625 Euro Studiengebühren im Monat, an staatlichen Unis sind es höchstens 500 Euro pro Semester. Doch es reicht nicht. Bis zum Mai soll sich nun entscheiden, ob der private Klinik- und Fachhochschulbetreiber SRH aus Heidelberg mit rund 13 Millionen Euro einsteigt. Laut SRH müssten weitere "drei bis vier potente Partner" mit je etwa derselben Summe mitmachen, um die Hochschule dauerhaft zu sanieren. Die Zeichen stehen nach Einschätzung aller Verhandlungspartner auf Einigung. Mit den privaten Geldgebern dürften sich aber Forschung und Lehre in der anthroposophisch (menschenbezogen) geprägten 80er-Jahre-Gründung verändern.

Forschung nach den Interessen der Wirtschaft ausrichten

"Bei der Forschung müssen wir mehr schauen: Was brauchen die Wirtschaft und die Gesellschaft?", fordert SRH-Sprecher Nils Birschmann. "Und die Höhe der Studienbeiträge und die Zahl der Studenten entspricht derzeit bei weitem nicht dem Stand in anderen Privathochschulen." Im Klartext: Wenn die neuen Gesellschafter einsteigen, dürften sowohl die Studentenzahl (derzeit 1200) als auch die Höhe der Beiträge auf den Prüfstand kommen. Beides soll steigen. Bisher liegt der Betreuungsschlüssel in manchen Medizinseminaren bei einem Dozent auf zwei Studenten. "Zur Freiheit ermutigen, soziale Verantwortung fördern, nach Wahrheit streben", propagiert die 1983 gegründete Hochschule bis heute als Grundwerte. Im Vorlesungsverzeichnis der angehenden Ärzte aus Witten-Herdecke haben chinesische Medizin, Akupunktur und Musiktherapie ihren festen Platz. Der enge Praxisbezug mit Mentorenfirmen, kooperierenden Kliniken und Hausärzten und die Mitsprachemöglichkeiten bei der Gestaltung des Studiums brachte der Universität nicht nur vordere Plätze in Hochschulrankings, sondern nach eigener Einschätzung auch überdurchschnittliche Erfolge beim Berufseinstieg der Absolventen.

Fast von Beginn an litt sie aber unter Finanzproblemen. Deshalb stiegen 1995 das Land und der Bund beim laufenden Betrieb ein. Das Förderprogramm sollte eigentlich 2005 auslaufen, musste aber verlängert werden. Im Sommer vergangenen Jahres hatte der Berkiner Wissenschaftsrat dem Fachbereich Humanmedizin erhebliche Mängel attestiert. Die Hochschule bekam ihr universitäres Gütesiegel erst, nachdem sie erhebliche Personalaufstockungen in der Medizinerausbildung zusicherte.

Da schon unter normalen Umständen im 30-Millionen-Etat jährlich drei bis vier Millionen fehlen und im Laufe des Geschäftsjahres eingespart oder durch zusätzliche Sponsoren hereingeholt werden müssen, ist dieses Ausbauprogramm nach der festen Überzeugung der Hochschulleitung ohne Partner nicht finanzierbar. Uni-Präsident Prof. Wolfgang Glatthaar - ein Ex-IBM-Manager - sprach deshalb die gemeinnützige, aber wirtschaftlich arbeitende SRH-Stiftung an. Seit Dezember laufen die Gespräche.