Der Auftritt in Düsseldorf und seine Folgen Der Obama aus dem Sauerland: Was Friedrich Merz in Düsseldorf alles verrät

Düsseldorf · Der Mann, der Kanzler werden will: Friedrich Merz beim Drei-Gang-Diner auf dem abgedeckten Rasen der Düsseldorfer Arena.

Hatte gute Laune in Düsseldorf: Friedrich Merz.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Es ist schon ein ganz besonderes Ambiente für das dreigängige Menu, das den 550 Gästen da gereicht wird. Die Tore im Blick, wo sonst der Fortuna-Torwart hinter sich greift, um den Ball aus dem Netz zu holen. In Strafraumnähe gibt es „Geeistes Gurken Wasabi-Süppchen“ und danach Kalbsfilet an Pfifferlings-Rahm und dreierlei Möhren: Das traditionelle Ständehaustreff, zu dem die Rheinische Post sonst immer in den früheren Düsseldorfer Landtag einlädt, um dort A-Promis zu interviewen, wurde in Coronazeiten in den Innenraum der Merkur-Arena verlegt. Zur Abstandswahrung der feinen Gäste aus Wirtschaft, Politik und Düsseldorfer Stadtgesellschaft. Der Premierengast, den RP-Chefredakteur Moritz Döbler da zwischen Hauptgang und Buttermilch- Panna-Cotta interviewte, war einer, der keinen Zweifel ließ, dass er der nächste Bundeskanzler werden will.

Das funktioniert bekanntlich in zwei Schritten. Zunächst auf dem im Dezember in Stuttgart angesetzten CDU-Parteitag, bei dem er den Vorsitz von Annegret Kramp Karrenbauer (AKK) übernehmen will. Und dann muss er noch den mächtigen Mann aus Bayern, Markus Söder, im Rennen um die Kanzlerkandidatur ausschalten.

Friedrich Merz (CDU), ehemaliger Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht beim Ständehaus-Treff in der Merkur-Spiel-Arena mit Moritz Döbler.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Den ersten Schritt geht Merz, der 2018 noch knapp gegen AKK verloren hatte, so an: Während Gegenkandidat Norbert Röttgen nur in Nebensätzen vorkommt, umarmt der gebürtige Briloner seinen schärfsten Konkurrenten, Armin Laschet. Mit, sagen wir, zurückhaltend-lobenden Worten. Die Kritik am NRW-Ministerpräsidenten mit Blick auf das Management der Corona-Krise „finde ich zum Teil wirklich überzogen, ich finde sie teilweise ungerecht“, mäandert Merz. „Ich kann nun nicht sagen, dass wir in Nordrein-Westfalen so viel schlechter regiert werden als die Menschen in Bayern.“ Die NRW-Landesregierung mache „das hier zurzeit wirklich gut“.

Als Döbler die in der CDU kursierenden Ideen zitiert, man solle die Frage des Vorsitzes doch einvernehmlich regeln - also ohne Kampfkandidatur auf einem Parteitag und in „Parteidisziplin“ - weist Merz das kopfschüttelnd zurück. Man könne doch nicht kritisieren, dass eine Partei sich zwischen mehreren Kandidaten entscheidet: „Wir sind doch nicht in der DDR.“ Er weist „in aller Bescheidenheit“ darauf hin, dass er in allen Umfragen sowohl in der Partei, als auch in der Öffentlichkeit im Vergleich zu den beiden Mitbewerbern vorne liege. Döbler hält dagegen, dass es da auch eine andere Umfrage gebe. Bei der Beliebtheit von Politikern rangiere Merz doch hinter Laschet. Die verblüffende Antwort: „Ich bin kein Politiker zurzeit, ich bewerbe mich um ein politisches Amt.“

Aha, na gut. Also zum nächsten Gegner, falls Merz im Dezember Laschet und Röttgen hinter sich lässt und CDU-Chef wird: Was sagt er zum dann auf ihn wartenden Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur, dem Bayern Markus Söder? Oder wie es der Interviewer formuliert: „Wenn Sie die früheren CSU-Anwärter Strauß, Stoiber und jetzt Söder vergleichen: Wer hat den größten Kanzlerwums?“

Er sei 1980 als junger Mann für Franz-Josef Strauß im Bundestagswahlkampf „unterwegs gewesen“, sagt Merz nicht ohne Stolz. Auch Stoiber habe zu seiner Zeit den nötigen Wums gehabt, um Kanzler zu werden. Markus Söder aber sei wohl derjenige, der von allen dreien die größte Akzeptanz außerhalb Bayerns hätte. Aber, so rückt Merz gleich wieder zurecht: „Jeder Bayer löst nun mal nördlich des Mains auch negative Reaktionen aus.“ Söder habe gezeigt, dass er in der Coronakrise „die Sache gut managt“. Zu viel des Lobes, merkt Merz, und fügt hinzu, dass Söder sich in „ziemlich hoher Flughöhe“ bewegt. „Da stürzt man halt ein bisschen weiter ab, als wenn man auf ‘ner mittleren Flughöhe unterwegs ist“, sagt der Hobbypilot mit Blick auf die Testpanne in Bayern, wo Hunderte Corona-Infizierte zu spät über ihren postitiven Test informiert wurden.

Es ist deutlich zu spüren: Merz sieht seine Chance, genau das in seinen Vorteil umzumünzen, was ihm in der Coronakrise bislang immer zum Nachteil gereicht hatte. Während Laschet und Söder sich in ihren Regierungsämtern als Macher profilieren konnten und der „Nicht-Politiker Merz“ nur von der Außenlinie zusehen konnte, kann dieses Abwarten auf Fehler der Konkurrenz auch nützlich sein. Er selbst hat schließlich keine Gelegenheit zu einer falschen Entscheidung.

Aber hätte Merz denn selbst den Kanzlerwums - nach der viele Jahre dauernden Politikabstinenz des früheren Unions-Fraktionschefs, der im Streit mit Angela Merkel Anfang der 2000er Jahre der Politik den Rücken kehrte? Der in die Wirtschaft ging, Aufsichtsrat des Vermögensverwalters Blackrock wurde? Ob jemand ohne Regierungserfahrung das überhaupt können kann, fragt Interviewer Döbler. Er komme doch nicht aus der Alterteilzeit zurück, empört sich Merz und zeigt dann mit einem anderen Vergleich, wie er sich sieht, was er von sich hält: „Barack Obama war drei Jahre Mitglied des Senats in den USA und anschließend acht Jahre Präsident.“ Darauf hätte nur noch ein Satz gepasst, den der Sauerländer nicht sagt. Weil er ihm nicht einfällt oder weil er dann doch wohl gar zu protzig gewesen wäre: Yes we can.