Wenig direkte Demokratie
Experten rügen die hohen Hürden für Volksbegehren. Auf kommunaler Ebene sieht es anders aus.
Düsseldorf. Die Hamburger haben es gerade erst getan, die Bayern machen es regelmäßig: Volksentscheide oder -begehren auf Landesebene gehören ebenso wie ihr etwas kleinerer Ableger Bürgerbegehren in Kommunen in vielen Bundesländern zum politischen Alltag.
In NRW nicht. In der Tabelle der Länder, die der direkten Demokratie am meisten zugetan sind, rutscht NRW vom vierten auf den sechsten Rang ab - kann sich aber mit einer Durchschnittsnote "Befriedigend" im oberen Tabellendrittel halten.
Dieser Vergleich ist von der Bewegung "Mehr Demokratie" in Auftrag gegeben und vom Wuppertaler Politikforscher Hans Lietzmann angestellt worden. "In NRW gibt es seit Jahren die gleichen Regeln, andere Länder wie Thüringen und Bremen haben aber nachgebessert und sind vorbeigezogen", sagte Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer von "Mehr Demokratie". Doch er gab sich optimistisch: "Die neue Landesregierung plant deutliche Verbesserungen."
Bisher gelten hohe Hürden, bis in NRW ein Volksbegehren eingeleitet werden kann. Es bedarf dafür rund einer Million Unterschriften. Die dürfen aber nicht auf der Straße gesammelt, sondern müssen binnen acht Wochen im Rathaus abgegeben werden. Das schreckt offenkundig ab. Es gab erst zwei Volksbegehren - gegen die Kommunalreform und gegen die Koop-Schule -, beide in den 70er Jahren.
Rot-Grün will die Hürden senken. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, die Antragsfrist zu verlängern, die 8-Prozent-Quote abzusenken und das Einwerben der Unterschriften auf der Straße zu erlauben. Allerdings muss dafür die Verfassung geändert werden. Und da bedürfte es der Zustimmung der CDU, da eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag notwendig ist.
Besser macht es Hamburg. Dort reichen für ein Volksbegehren fünf Prozent der Wahlberechtigten, sogar ein Volksentscheid ist dort erreichbar - wie das Beispiel der abgelehnten Schulreform gerade bewiesen hat. In NRW hat es noch keinen Volksentscheid gegeben.
Regen Gebrauch machen die Bürger zwischen Rhein und Weser hingegen vom Instrument des Bürgerbegehrens. Da ist die Tendenz steigend, da sich die Einwohner vor allem von Großstädten immer mehr gegen die Schließung von Bädern oder Schulen wehren, in den ländlichen Gemeinden gegen den Bau von neuen Straßen oder Kraftwerken.
Insgesamt gab es seit 1994 - da wurde das Instrument eingeführt - 564 Bürgerbegehren, von denen 99 übernommen wurden und 148 zu Bürgerentscheiden führten. "Hier wollen wir, dass das Land den Finanzierungsvorbehalt streicht", sagte Slonka. Bisher muss eine Initiative eine rechtlich saubere Gegenfinanzierung für den städtischen Haushalt vorlegen, wenn sie etwa gegen eine Schulschließung vorgeht.