"Wir müssen den Koran mit unserem Intellekt sieben"

Arzu Toker, die zweite Vorsitzende des "Zentralverbands der Ex-Muslime" will die Aufklärung für den Islam nachholen.

Köln. "Wir haben abgeschworen!", riefen die Mitglieder des Kölner Zentralrats der Ex-Muslime bei ihrer Gründung. Sie protestieren gegen den Alleinvertretungsanspruch des Zentralrats der Muslime und deutsche Migrationspolitik. Mittlerweile gibt es Tochterverbände in England und Skandinavien. Arzu Toker, zweite Vorsitzende des Verbandes, ist die Verfasserin von "Zehn Gründen, aus dem Islam auszusteigen". Im Interview erklärt sie, warum das allein nicht ausreicht.

Frau Toker, keiner der Tausenden von Christen, die jährlich aus der Kirche austreten, käme darauf, einen Verein der Ex-Christen zu gründen. Wollen Sie sich nicht nur wichtig machen?

Arzu Toker: Nein. Wir haben den Verband gegründet, weil Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Migrationspolitik islamisiert hat, indem er muslimische Religionsvertreter zum Gespräch eingeladen hat. Das hat mich persönlich sehr geärgert. Denn die Türkei, aus der ich komme, hat kein islamisches, sondern ein demokratisches Recht. Die meisten Leute sind nach Deutschland zum Arbeiten gekommen, nicht aus religiösen Gründen. Nicht wir skandalisieren mit unserem Verband, sondern Schäuble mit seiner Politik. Da hat Religion nichts zu suchen.

Sie kritisieren, dass Migranten auf ihren Glauben reduziert werden. Mit dem Verbandsnamen drücken Sie sich selbst einen Stempel auf.

Toker: Ja, absichtlich. Mit unserem Namen und unserem Aufschrei haben wir der deutschen Bevölkerung gezeigt: Leute, habt keine Angst. Wir sind kein undurchschaubarer, fester Block, wie es zu sein scheint. Es gibt auch unter den Migranten ganz viele Menschen, die nicht glauben.

Ihr Verband ist also lediglich ein Symbol?

Toker: Für mich ist das nur ein erster Schritt. Das Ziel ist jetzt eine Aufklärung unter den gläubigen Muslimen, ähnlich wie sie im Christentum schon stattgefunden hat. Wenn wir damit nicht beginnen, dann war alles ziemlich sinnlos. Wir müssen den Koran nehmen, so wie die Christen es mit der Bibel gemacht haben. Wir müssen ihn Zeile für Zeile lesen und mit unserem Intellekt sieben.

Sie wollen also eben mal die Aufklärung nachholen. Das ist eine ziemlich große Aufgabe für einen einzelnen Verband.

Toker: Völlig. Beten kann man überall. Vom Islam werden lediglich Gebetsrichtung und Kanzel vorgeschrieben. Kuppel und Minarette dienen der Machtdemonstration. Völlig daneben sind die Einkaufszentren der Moschee. Sollen die Moslems nur noch bei Moslems einkaufen? Wir sind doch nicht in der Wüste, es gibt genug Geschäfte.

Schürt man nicht Ressentiments, wenn man den Bau verbietet?

Toker: Nein, man schürt eine Diskussion. Es geht nicht um ein Verbot, sondern um die Forderung, dass Muslime sich adäquat benehmen. Diese wollen nur durchsetzen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben. Sie sind nicht großzügig genug zu sagen: Der Rest der Bevölkerung ist noch nicht so weit, also lassen wir das Thema erstmal gesellschaftlich diskutieren. Wir verlangen auch Transparenz. Wir wollen wissen: Wird den Mädchen in den Moscheen erzählt, sie seien gegenüber Männern minderbemittelt erschaffen?

Frauen müssen künftig bereits im Herkunftsland Deutsch lernen, wenn sie ihrem Ehemann nach Deutschland folgen. Befürworten Sie das?

Biografie Die heute 55-jährige Arzu Toker wurde in Ostanatolien geboren. Sie arbeitete dort zunächst als Näherin. Sie stammt aus einer liberalen Familie und lebte bereits in den 70ern allein in Istanbul, was zu der Zeit sehr ungewöhnlich war. Mit 23 Jahren kam sie nach Deutschland. Sie hat zwei Kinder (24 und 27 Jahre).

Beruf Als Schriftstellerin und Übersetzerin setzt sie sich mit der Rolle der Frau im Islam auseinander. Zudem arbeitet sie als Dolmetscherin. Von 1985 bis 1997 war sie als Ausländervertreterin Mitglied des WDR-Rundfunkrates.

Termin Am 31. August lädt der Zentralverband der Ex-Muslime um 19.30 Uhr zu einer Infoveranstaltung ins Düsseldorfer Auxium, Mindener Straße 24.