Zeugnis-Kopfnoten: Harte Zeiten für Störer und Schulschwänzer

Mittel zur Disziplinierung oder sinnvolle Ergänzung – die neuen Kopfnoten in Nordrhein-Westfalen sind heftig umstritten.

<strong>Düsseldorf. Schüler, die gerne länger schlafen, oder gleich ganz die Schule schwänzen, die in der Klasse stören oder den Lehrern allzu offen ihre Meinung sagen, dürften es in Nordrhein-Westfalen schwer haben. Denn dort wird ein solches Verhalten bald auf dem Zeugnis festgehalten. Die Kopfnoten, einst in den 70er Jahren in den meisten Bundesländern abgeschafft, feiern im neuen Schuljahr eine Renaissance.

"Neben Wissen und Fähigkeiten benötigen junge Menschen übergreifende soziale und persönliche Kompetenzen, um erfolgreich ihren weiteren Bildungs- und Berufsweg zu beschreiten", begründet NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) die Einführung.

Eine Einweisung gab es für die Lehrer nicht. Auf der Internetseite des Schulministeriums können sie eine 22-seitige "Handreichung" einsehen. Dort erfahren die Pädagogen, dass sie anhand einer Skala von sehr gut, gut, befriedigend bis unbefriedigend das Arbeits- und Sozialverhalten beurteilen sollen. "Auf die Versetzung haben die Kopfnoten aber keinen Einfluss", betont Ministeriumssprecher Herbert Spies.

Der Verband Bildung und Erziehung ist schon 1999 in NRW der Frage nachgegangen, wie Kopfnoten in der Öffentlichkeit ankommen. Das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage war überraschend: 89,9 Prozent der befragten Lehrer, Eltern und Schüler forderten damals die Wiedereinführung der Verhaltensnoten.

Hannelore Kraft, SPD-Fraktionsvorsitzende in NRW: "Auf meinem Halbjahrszeugnis der Klasse 7 hatte ich in Führung und Ordnung ein ,sehr gut’, in Beteiligung am Unterricht nur ein ,gut’. An meiner Haltung im Unterricht hat sich danach allerdings nichts geändert."

Ewald Lienen, Ex-Fußball-Profi, Trainer: "Ich habe mich über diese Beurteilungen immer geärgert, weiß meine aber nicht mehr. Wir sollten jungen Menschen Werte beibringen, anstatt in die Mottenkiste der Pädagogik zu greifen."

Regina Halmich, Boxweltmeisterin: "Ich habe Noten fürs Betragen bekommen. Meistens hatte ich ein ,Gut’. Aber einmal habe ich ein ,Befriedigend’ mit nach Hause gebracht. Da habe ich Ärger von meinen Eltern bekommen."

Helmut Stahl, CDU-Fraktionschef in NRW: "In der Pubertät war bei mir im Betragen ,befriedigend’ geschmeichelt - vorher und hinterher ,im ganzen gut’."

Erika Berger, TV-Moderatorin: "Meine Kopfnoten waren nicht so berühmt. Ich habe nicht aufgepasst, geschwätzt und war nicht fleißig. Ich begrüße die Noten aber, weil man daraus eher ablesen kann, wie sich das Kind macht."