Libyen: Die Schlinge um Gaddafi zieht sich zu
Berlin und die EU verschärfen ihre Sanktionen gegen Gaddafi. Frankreich fordert Luftangriffe.
Tripolis/Berlin/Brüssel. Es wird eng für den libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi. Berlin und die EU verschärfen ihre Sanktionen, um weiteres Blutvergießen in dem nordafrikanischen Land zu verhindern. Die Bundesregierung sperrt libysche Konten bei deutschen Kreditinstituten und friert damit Gelder in Milliardenhöhe ein. Als erster EU-Staat erkennt Frankreich die Opposition in Bengasi als alleinige und rechtmäßige Vertretung des libyschen Volkes an. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy plädiert vor dem heutigen EU-Sondergipfel für gezielte Luftangriffe auf Libyen. Die Nato wartet noch ab, erklärt sich aber prinzipiell zu einem militärischen Einsatz bereit.
Gaddafis Truppen drängen unterdessen die Rebellen im Osten zurück. Nach Angaben der Aufständischen beschossen sie am Donnerstag den Öl-Hafen Al-Sidra und die Stadt Ras Lanuf von Kampfflugzeugen und Kriegsschiffen aus. Anschließend rückten sie weiter auf Ras Lanuf vor. Rund um die Stadt finden seit Tagen erbitterte Gefechte zwischen Aufständischen und den Truppen Gaddafis statt. Auch in der westlichen Stadt Al-Sawija werde gekämpft, meldete der Nachrichtensender Al-Dschasira.
Von der Sperrung der Konten der libyschen Notenbank und des libyschen Staatsfonds sind nach Angaben aus Regierungskreisen 14 Kreditinstitute mit Sitz in Deutschland sowie die Deutsche Bundesbank betroffen. „Die brutale Unterdrückung der libyschen Freiheitsbewegung kann sich nun nicht mehr aus Geldern finanzieren, die bei deutschen Banken liegen“, sagte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).
Die von Frankreich ausgesprochene Anerkennung des Rebellenrats in Libyen als Übergangsregierung hat aus deutscher Sicht rechtlich keine Folgen. „Völkerrechtlich ist das irrelevant“, sagte ein hoher Vertreter des Kanzleramts. Der französische Schritt war nicht mit Berlin abgestimmt.
Eine Entscheidung über eine Flugverbotszone über Libyen steht aus Sicht der Bundesregierung konkret nicht an. Die Staats- und Regierungschefs würden darüber reden. Die konkrete Planung sei aber Sache der Nato.
Nach Angaben von Diplomaten erwägt die Nato eine Verstärkung der Militärpräsenz vor der Küste Libyens mit der Entsendung zusätzlicher Schiffe. Vor allem die USA drängten auf mehr Marine-Präsenz. Italien schlug einen Marineeinsatz von Nato und EU vor. Diese Truppe solle auch die Einhaltung des Waffenembargos gegen Libyen durchsetzen. Am Donnerstag begann die Rund-um-die-Uhr-Überwachung des libyschen Luftraums durch die Awacs-Überwachungsflugzeuge der Nato. dpa