Libyer feiern ausgelassen ihre Freiheit
Zu Tausenden strömen die Bürger in Tripolis auf die Straßen. Derweil geht der Kampf weiter.
Tripolis. Die libyschen Rebellen haben am Montag weitere Stadtviertel in der Hauptstadt Tripolis unter ihre Kontrolle gebracht. Vor allem in der Umgebung der militärischen Festungsanlage Bab el Asisija der Stadt gab es noch heftige Kämpfe mit Truppen des Diktators Muammar al-Gaddafi.
Nach Angaben der Aufständischen befand sich jedoch der größte Teil der Stadt unter ihrer Kontrolle. Der „Tag der Entscheidung“ sei gekommen, sagte ein Rebellensprecher.
Wo sich Gaddafi aufhielt, war weiter unklar. Spekulationen, wonach er bereits in Richtung Algerien geflüchtet sei, wurden nicht bestätigt. Es wurde von Rebellenseite nicht ausgeschlossen, dass sich der 69-jährige Gewaltherrscher in einem unterirdischen Bunker in seiner Machtzentrale in Tripolis verschanzt hat.
Seine Militärs verteidigten den riesigen Komplex, der durch Nato-Bomben bereits schwer beschädigt wurde, mit Scharfschützen und Panzerfeuer.
Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustafa Abdel Dschalil, sagte in der Oppositionshauptstadt Bengasi: „Wir hoffen, dass wir Gaddafi lebend fassen.“ Er verspricht einen „fairen Prozess“.
Dabei denken die Rebellen offenbar nicht daran, den Diktator im Falle seiner Gefangennahme an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auszuliefern. Vielmehr wollen sie ihn anscheinend im eigenen Land aburteilen.
Der arabische Fernsehsender Al Dschasira berichtete, dass Gaddafis Regierungschef Bagdadi Ali al-Mahmudi nach Tunesien geflüchtet sei. Zudem hätten sich etliche Leibgardisten und Soldaten ergeben.
In den vergangenen Monaten waren bereits Dutzende hohe Offiziere, Minister und Diplomaten zur Opposition übergelaufen. Auch wenn die Lage noch unübersichtlich war, gab es nur noch wenig Zweifel, dass Gaddafis Regime nach 42 Jahren Herrschaft am Ende ist.
In der Nacht hatten Tausende Menschen in Tripolis den Einzug der Rebelleneinheiten gefeiert. Videoaufnahmen zeigen jubelnde Menschen auf dem zentralen Grünen Platz, auf dem sich bisher regelmäßig die Sympathisanten Gaddafis versammelt hatten.
Die Oppositionsanhänger schwenkten Fahnen, tanzten, und schossen in die Luft. „Allah ist mächtig“, riefen viele. Und: „Freiheit, Freiheit.“ Der symbolträchtige Ort wurde in „Märtyrer-Platz“ umbenannt.
Gaddafis Propaganda-Minister Moussa Ibrahim sagte, dass bei den Kämpfen in Tripolis seit Sonntag mindestens 1300 Menschen getötet und mehr als 5000 verletzt worden seien. Die Krankenhäuser seien überfüllt.
Auch die Rebellen sprachen von einer „hohen Zahl“ von Toten. Die Angaben ließen sich aber nicht überprüfen. Die in Tripolis stationierten Berichterstatter durften ihr Hotel, in dem auch Regimeangehörige untergebracht sind, nicht verlassen.