Düsseldorf Merkel beim Sparkassentag: Kein böses Wort gegen Draghi

Die Kanzlerin hält sich mit Kritik an der Niedrigzinspolitik der Zentralbank zurück.

Bundeskanzlerin Merkel bei ihrer Rede am Mittwoch in Düsseldorf.

Foto: Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Bei der Wahl ihres Blazers hatte die Kanzlerin ins Schwarze getroffen. Das Rot der Jacke passte perfekt zum Logo ihres Gastgebers. Auch inhaltlich erwies sich Angela Merkel (CDU) am Mitwoch beim Sparkassentag in Düsseldorf als pflegeleichter Gast. Es fiel kein böses Wort.

Das war nicht unbedingt zu erwarten. Zu sehr treibt die Deutschen angesichts der niedrigen Zinsen die Sorge um ihre Altersvorsorge um. Für nicht wenige trägt Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), die Schuld. Sein gigantisches Programm zum Kauf von Anleihen und seine Nullzinspolitik führten zur Enteignung der deutschen Sparer, so der Vorwurf.

Das sieht Merkel offenbar nicht so. Jedenfalls unterließ sie jede Kritik an dem Italiener an der EZB-Spitze. „Die Notenbank agiert unabhängig. Das ist sehr im Sinne der deutschen Position“, sagte die Kanzlerin. „Eine breite Diskussion über die niedrigen Zinsen ist sicher notwendig, aber die realen Zinsen sind nicht so schlecht, wie oft behauptet wird“, so Merkel weiter.



Der Hinweis trifft zu: 2015 lag die Inflationsrate hierzulande bei 0,3 Prozent. Im März dieses Jahres wurde der gleiche Wert erreicht. Es gibt durchaus Tagesgeldkonten oder kurzfristige Festgeldanlagen, die höher verzinst sind, so dass dem Sparer unter dem Strich eine positive Rendite bleibt.

Wie sehr die EZB-Politik der Finanzwirtschaft zusetzt, zeigt sich daran, dass die Sparkassen Strafzinsen für normale Sparer auf lange Sicht nicht mehr ausschließen. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, sagte, die Geldinstitute würden „alles tun, um die privaten Sparer vor Negativzinsen zu schützen — in Teilen auch zulasten der eigenen Ertragslage“. Wenn die aktuelle Niedrigzinsphase aber lange andauere, würden die Sparkassen die Kunden nicht davor bewahren können.

Fahrenschon appellierte gleichzeitig an die deutsche Politik, mehr für die Vermögensbildung von Geringverdienern zu tun. „Über 60 Prozent unserer Privatkunden haben monatlich eigentlich nichts mehr übrig, um Rücklagen zu bilden“, warnte der Verbandschef. Wer wirklich Wohlstand für alle wolle, müsse den Betroffenen helfen, für das Alter vorzusorgen.

Fahrenschon forderte den Staat auf, dafür einen Teil des Geldes auszugeben, das er wegen der niedrigen Zinsen bei der eigenen Kreditaufnahme spare. Denkbar sei etwa eine Novellierung des Vermögensbildungsgesetzes, mit dem der Staat die Vermögensbildung von Arbeitnehmern fördert. Seit 1998 seien dessen Einkommensgrenzen und Förderhöhen nicht mehr angepasst worden. Deshalb seien viel zu viele aus der Förderung gefallen. „Eine staatliche Sparprämie von 20 Prozent ist unschlagbar“, sagte er.



Dass die Politik diesem Konzept folgt, ist nicht zu erwarten. Jedenfalls ging Merkel in ihrer Rede mit keinem Wort darauf ein. Auch zur laufenden Diskussion um Änderungen bei der Rieser-Rente sagte die Kanzlerin nichts. Umstritten ist vor allem, dass Erträge aus der privaten Altersvorsorge mit der Sozialhilfe (Grundsicherung) verrechnet werden, falls Rentner auf Fürsorge angewiesen sind. Merkel beließ es dagegen bei Allgemeinplätzen, Konkretes fehlte völlig. Es gelte, Steueroasen trocken zu legen, die Digitalisierung Deutschlands voranzutreiben und das Handelabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) zum Abschluss zu bringen. Das Land sei in einer guten Verfassung und könne die Herausforderungen der Zukunft meistern.

Der Beifall ihrer Zuhörer hielt sich angesichts solcher Aussagen in engen Grenzen.