Mutmaßlicher Kriegsverbrecher Hadzic in UN-Haft
Den Haag/Belgrad (dpa) - Der letzte mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Ex-Jugoslawien sitzt seit Freitag im Untersuchungsgefängnis der Vereinten Nationen in Den Haag.
Goran Hadzic, der einstige politische Führer der serbischen Minderheit in Kroatien, wurde rund 18 Jahre nach der Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien von der Belgrader Justiz an das UN-Sondertribunal ausgeliefert. Damit kann auch dem letzten von insgesamt 161 wegen schwerster Verbrechen während der Jugoslawien-Kriege angeklagten Verdächtigen der Prozess gemacht werden.
Der 52-Jährige wurde am frühen Nachmittag mit einer Sondermaschine von Belgrad nach Rotterdam geflogen und von dort in das Untersuchungsgefängnis der UN im Haager Badevorort Scheveningen gebracht. Hadzic werden in 14 Anklagepunkten Massenmorde, Folter und etliche weitere Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des kroatischen Bürgerkriegs (1991-1995) vorgeworfen.
Der Ex-Führer der Serben in Kroatien war am Mittwoch nach jahrelanger Flucht verhaftet worden. „Dies ist ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte des Tribunals“, erklärte dessen Chefankläger Serge Brammertz. „18 Jahre nach seiner Schaffung können wir nun sagen, dass keine der angeklagten Personen einem juristischen Verfahren vor dem Gerichtshof entgangen ist.“
Bevor der eigentliche Prozess gegen Hadzic beginnen kann, der sich über mehrere Jahre erstrecken dürfte, stehen in den kommenden Monaten eine Reihe von Verfahrensanhörungen an. Zuerst muss Hadzic die Anklage formell zur Kenntnis gegeben werden. Ehe er später ausführlich Stellung nehmen kann, muss Hadzic erklären, ob er auf schuldig oder unschuldig plädiert.
Hadzic war Präsident der sogenannten Serbischen Krajina, dem von Kroatien abgefallenen Gebiet der serbischen Minderheit. Er soll auch für eines der schwersten Kriegsverbrechen im kroatischen Bürgerkrieg verantwortlich sein. Dabei waren in der Stadt Vukovar im November 1991 mehr als 200 Kroaten ermordet worden. Alles in allem soll Hadzic mehrere hundert Menschenleben auf dem Gewissen haben, auch den Tod von Frauen und Alten. Die kroatische Armee hatte am Ende des Krieges die Krajina zurückerobert, wobei mehr als 200 000 Serben vertrieben wurden.
Agenten des serbischen Geheimdienstes BIA hatten Hadzic in einem Wald nordwestlich von Belgrad festgenommen. Knapp zwei Monate zuvor war der frühere bosnisch-serbische Militärchef Ratko Mladic inhaftiert und nach Den Haag gebracht worden. Er soll für den Völkermord von Srebrenica verantwortlich sein und gehört neben Radovan Karadzic, dem einstigen politischen Führer der bosnischen Serben, zu den Hauptangeklagten.
Die Festnahmen von Mladic und Hadzic - der beiden letzten noch vom Jugoslawien-Tribunal gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher - war eine wesentliche Bedingung für die weitere Annäherung Serbiens an die Europäische Union. Belgrad hofft nun, bis zum Jahresende zum offiziellen EU-Beitrittskandidaten ernannt zu werden.
Chefankläger Brammertz würdigte die früher oft von ihm kritisierte Regierung in Belgrad: „Serbien hat nun beweisen, dass seine Kooperation mit dem Tribunal echt und nicht bloß ein leeres Versprechen ist.“ Nach Recherchen serbischer Zeitungen hatte sich Hadzic auf frühere Geheimdienstmitarbeiter als Helfershelfer gestützt. Daneben sollen ihm Geistliche der serbisch-orthodoxen Kirche geholfen haben.