Norbert Lammert: „Wähler lässt sich nicht bevormunden“

Präsident des Bundestages über Leihstimmen.

Berlin. Angesichts des heftigen Kampfes der Parteien um die Zweitstimme warnt Bundestagspräsident Norbert Lammert (Foto: dpa/CDU) vor einer Bevormundung der Wähler.

Herr Lammert, in der letzten Woche vor der Wahl scheint es nicht mehr um Inhalte, sondern nur um die Zweitstimme zu gehen.

Norbert Lammert: Die Zweitstimmen entscheiden über das Stärkeverhältnis der Parteien im Parlament und damit über die Regierungsbildung; zu gewinnen sind sie nur über Inhalte und Personen, nicht über Appelle.

Zwischen Union und FDP sind sogar Abkommen über den Austausch von Erst- und Zweitstimme in einzelnen Wahlkreisen geschlossen worden. Steigert das die Politikverdrossenheit?

Lammert: Die Parteien und ihre Kandidaten bewerben sich um Erst- wie Zweitstimmen der Wahlberechtigten. Sie gehören ihnen nicht, also können sie von ihnen auch weder verschenkt noch verliehen oder getauscht werden. Die Wählerinnen und Wähler lassen sich in der Regel gerne informieren, aber nicht bevormunden.

Glauben Sie, dass der Wahlkampf dazu beigetragen hat, dass am Sonntag mehr Wähler ihre Stimme abgeben werden — so wie in Bayern?

Lammert: Die Bundestagswahl ist mindestens so wichtig wie die Landtagswahl in Bayern und ihr Ergebnis weniger absehbar. Das könnte und sollte die Wahlbeteiligung ebenso fördern wie am letzten Sonntag.