Spannung im Schatten der Bundestagswahl
In Hessen wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Auch dort wird ein knappes Rennen erwartet.
Wiesbaden. Die Landtagswahl in Hessen wird am Sonntag eindeutig im Schatten der Bundestagswahl stehen. Dabei verspricht die Entscheidung in Wiesbaden mindestens ebenso viel Spannung: Denn wer künftig in Hessen regiert, scheint völlig offen. In Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der schwarz-gelben Regierungskoalition und der rot-grünen Opposition ab. Fraglich ist zudem, ob es überhaupt eine Mehrheit für eines dieser Bündnisse gibt. Ansonsten droht wie 2008 eine monatelange Hängepartie — und die Rückkehr der „hessischen Verhältnisse“.
Nach der damaligen Wahl scheiterte die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti mit dem Versuch, eine von den Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden, am Widerstand in den eigenen Reihen. Regierungschef Roland Koch (CDU) blieb geschäftsführend im Amt — und konnte nach der Neuwahl im Januar 2009 eine schwarz-gelbe Regierung bilden.
Koch ist mittlerweile Chef des Baukonzerns Bilfinger und Ypsilanti einfache Landtagsabgeordnete. Die von ihnen geprägten „hessischen Verhältnisse“ aus dem Jahr 2008 lassen aber auch ihre Nachfolger nicht los. Eindeutig haben sich CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier und sein SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel nur auf ihre Wunschpartner festgelegt: Bouffier kämpft für Schwarz-Gelb, Schäfer-Gümbel für Rot-Grün.
Und wenn es für kein klassisches Bündnis reicht? Diese Frage bringt vor allem den SPD-Chef in Bedrängnis. Formal schließt Schäfer-Gümbel keine Koalition aus, sieht aber zugleich keine Basis für ein Bündnis mit Union oder Linkspartei. Sein Handlungsspielraum bei unklaren Mehrheitsverhältnissen dürfte aber eingeschränkt sein. Grünen-Chef Tarek Al-Wazir räumte für diesen Fall immerhin ein: „Wenn es nicht reichen sollte, dann haben wir ein Problem.“
Die Linkspartei zeigt sich dagegen offen für eine Zusammenarbeit. „Auf dem Papier gibt es Überschneidungen mit SPD und Grünen“, sagte Spitzenkandidatin Janine Wissler. Doch die Linke muss um den Wiedereinzug in den Landtag bangen.
Die FDP, die auch in Hessen um den Einzug in den Landtag bangen muss, legte sich eine Woche vor der Wahl sogar auf ein Bündnis mit der Union fest. „Wir treten ohne Netz und doppelten Boden an“, erklärte Landeschef Jörg-Uwe Hahn. Nach der Wahl könnten die Parteien angesichts solcher Festlegungen schnell in einer Sackgasse stecken.