Parteitag: SPD prescht mit Tempo 130 vor
Gegen den Willen der Führung setzt die Parteibasis die Forderung nach einem Tempolimit durch. Bundeskanzlerin Angela Merkel widersprach dem 130-km/h-Limit umgehend.
<strong>Hamburg. Nach dem Bundesparteitag der SPD in Hamburg droht neuer Ärger in der Großen Koalition. Die Delegierten forderten am Wochenende gegen den Willen der Parteiführung mit knapper Mehrheit ein allgemeines Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) widersprach umgehend: "Mit mir wird es das nicht geben." Auch Autoindustrie und Automobilclubs lehnten ein Tempolimit strikt ab. Die neue stellvertretende SPD-Vorsitzende und Parteilinke Andrea Nahles bedauerte die Entscheidung. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte: "Ich habe kein Problem mit dem Tempolimit. Die Wahrheit ist aber auch, dass dadurch 2,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Notwendig sind aber 270 Millionen Tonnen. Man darf nicht so tun, als sei es mit einem Tempolimit getan."
Fraktionschef Peter Struck sagte, das Tempolimit gehöre "gegenwärtig nicht zu den vorrangigen Projekten der Koalition". Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigte dennoch Gespräche mit dem Koalitionspartner CDU/CSU an.
Auch in ihrem neuen Grundsatzprogramm grenzen sich die Sozialdemokraten klar von der CDU/CSU ab. Das mit nur zwei Gegenstimmen beschlossene neue Manifest betont wieder stärker die traditionellen Werte der SPD als linke Volkspartei. Merkel sprach im ZDF von einem "Linksruck" der SPD als Folge ihres Mitgliederschwundes und ihrer schlechten Umfragewerte.
Für weiteren Zündstoff in der Koalition dürften die Beschlüsse zur praktischen Abschaffung der Wehrpflicht und zur Bahn-Volksaktie sorgen.
1973: Es gab schon einmal ein Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen: Im Winter 1973/74, auf dem Höhepunkt der Ölkrise, durften maximal 100 km/h gefahren werden. Erst nach 111 Tagen gab der damalige SPD-Verkehrsminister Lauritz Lauritzen die Fahrt wieder frei.