Petraeus-Bericht: Fortschritte an der Front?

Der US-Oberbefehlshaber im Irak denkt nicht an einen schnellen Abzug seiner Soldaten.

Washington. Monatelang wartete das politische Washington gespannt auf den Fortschrittsbericht des US-Oberkommandierenden im Irak, General David Petraeus. Zum Auftakt seiner mehrtägigen Auftritte vor verschiedenen Kongressausschüssen zeichnete er dann zwar kein rosiges Szenario. Er bescheinigte dem Weißen Haus aber, dass die umstrittene Truppenaufstockung bei der Stabilisierung des Landes Wirkung gezeigt habe und nicht rückgängig gemacht werden darf.

"Es sind zwar einige Dinge nicht so gelaufen, wie wir es uns erhofft hatten", räumte der Oberbefehlshaber ein. Insbesondere lasse die politische Stabilisierung des Landes unter dem schiitischen Präsidenten Nuri Al-Maliki zu wünschen übrig. An der Sicherheitsfront aber seien deutliche Fortschritte zu erkennen, die Petraeus auf die Entsendung von mehr als 20 000 zusätzlicher Soldaten zurückführt. Im Irak sind zurzeit 170 000 US-Soldaten stationiert, mehr als je zuvor seit Beginn des Kriegs im März 2003.

Dass die im Frühjahr und Sommer durchgeführte Aufrüstung erfolgreich ist, beweisen laut Petraeus die jüngsten Zahlen über zurückgehende Terroranschläge. So sei die Zahl der bei Anschlägen Verwundeten und Toten zwischen November des vergangenen Jahres und August 2007 um fast zwei Drittel auf 980 geschrumpft. Insbesondere habe im Vorfeld des Ramadan, der diese Woche beginnt, die Zahl der Selbstmordanschläge erkennbar nachgelassen. Dies ist nach Ansicht des Generals schon deswegen als Erfolg zu werten, weil typischerweise die Gewalt vor dem Ramadan deutlich zunimmt.

Obwohl an der höheren Militärpräsenz vorläufig nicht gerüttelt werden dürfe, kann sich Petraeus vorstellen, bis Anfang 2008 eine Armeebrigade - zwischen 3000 und 5000 Soldaten - abzuziehen. Ansonsten soll die Truppenpräsenz bis Ende März aber weitgehend intakt bleiben. Dann will Petraeus erneut einen Bericht vorlegen.

Die Ausführungen Petraeus’ stießen ebenso wie die Ausführungen von Botschafter Ryan Crocker bei der demokratischen Opposition auf harte Kritik. "Bei dem Bericht handelt es sich um eine sorgfältig inszenierte Zahlenmanipulation", schimpfte Senator Dick Durbin, die Nummer zwei der Demokraten im Oberhaus. Demnach ordnet das US-Militär bei einem Anschlag einen frontalen Kopfschuss als "gewöhnliches Verbrechen" ein. Nur ein Schuss in den Hinterkopf wird als Extremistenangriff eingestuft. "Mit solchen Tricks ist es natürlich kein Problem, die Zahl der religiös oder politisch motivierten Anschläge herunterzuschrauben", erklärte Durbin.

Auch zweifelt die Opposition an der Unabhängigkeit des Berichts. Schließlich hatte sich Bush während seines Blitzbesuchs vergangene Woche im Irak mit Petraeus und Crocker getroffen.