11. September: Die Schnittpunkte des Terrors

Am 11. September 2007 kreuzen sich drei Ebenen des Terrors: Da sind die Ziffern 9/11, das Gedenken an ein in seiner monströsen Vernichtungskraft beispielloses Attentat. Da ist das Echo dieses Datums, das mit verstörender Aktualität aus den deutschen Provinzen hallt: aus Ulm, aus Oberschledorn im Sauerland, aus Duisburg.

Und da sind die vergilbten Bilder des deutschen Herbstes 1977, die nach 30 Jahren an die Oberfläche schwemmen: Andreas Baader, abgeführt mit nacktem Oberkörper; der vom Hungerstreik ausgezehrte Körper von Holger Meins; Arbeitgeberpräsident Schleyer vor dem RAF-Stern.

In seiner psychologischen Wirkung trug der Herbst 1977 Züge eines deutschen 11. September, aber Geschichte wiederholt sich nun einmal nicht. Die Gewalt der RAF kam aus der Mitte der Gesellschaft, inszeniert von entlaufenen Kindern der Bourgeoisie. Sie kam von Frauen und Männern, die sich auf die Werte der Aufklärung beriefen, um diese Werte dann im kollektiven Wahn zu ersticken. Die Terroristen der Gegenwart hingegen morden für voraufklärerische Ideale oder einen religiös verbrämten Nihilismus. Der Heiligenschein der Todesbereitschaft, der Hass, der Totalverlust humanitärer Werte, der Größenwahn und die Eitelkeit ihrer Führer, die nebulöse Sympathisantenszene - all das sind zwar Parallelen zwischen gestern und heute. Doch während es der RAF darum ging, Staat und Bürger zu spalten, rücken beide nun angesichts einer universellen islamistischen Bedrohung zusammen.

Nein, Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie schreibt sich fort. Mit den Exzessen der RAF begann die Materialermüdung des Rechtsstaats, und es ist der globale islamistische Amoklauf, der diesen Prozess nun weiter vorantreibt.

Im Herbst 2007, 30 Jahre nach dem RAF-Trauma, steht die deutsche Gesellschaft am Scheideweg: Entweder es gelingt ihr, den Schutz vor Terroristen zu verstärken, ohne ihre Prinzipien der Freiheit dafür aufzugeben. Entweder sie erkennt, dass es keine totale Sicherheit und deshalb auch kein totales Sicherheitsstreben geben kann. Oder aber sie installiert einen Repressionsapparat, der das demokratische System von innen aushöhlt - und damit die Terroristen triumphieren lässt.