Den Haag. Die ersten vorläufigen Resultate der Europawahl zeigen den befürchteten Trend: Rechte, Populisten und Europa-Skeptiker profitieren von der allgemeinen Krisenstimmung und setzen die auf Integration verpflichtete Europapolitik der etablierten Parteien unter Druck. Mit der Beteiligung geht es eher weiter abwärts. Als besonders beunruhigendes Signal wurde in Brüssel das starke Abschneiden der fremdenfeindlichen Partij voor de Vrijheid (PVV) des niederländischen Nationalpopulisten Geert Wilders gewertet.
Im Gegensatz zu den Briten, die ebenfalls am Donnerstag zu den Urnen gegangen waren, nahmen es die Niederländer mit der EU-Regel nicht so genau, dass Resultate nicht veröffentlicht werden dürfen, solange in der EU noch ein Wahllokal geöffnet hat (die letzten schließen am Sonntag um 22 Uhr).
So gewann der Triumph der PVV frühzeitig Konturen: Wilders’ Partei, die 2006 bei den Parlamentswahlen noch mit weniger als sechs Prozent der Stimmen auf dem fünften Platz gelandet war, hat ihren Prozentanteil diesmal fast verdreifacht und ist Nummer zwei geworden. Im nächsten EU-Parlament kann sie mit mindestens vier der 25 niederländischen Sitze rechnen.
Stärker - fünf Mandate - blieben nach den Prognosen nur die Christdemokraten von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende. Dessen Koalitionspartner, die Arbeitspartei, fuhr schwere Verluste ein und kommt wohl nur noch auf vier Abgeordnete in Straßburg, ebenso wie die stark verbesserte linksliberale D66. Die religiöse Christenunion hat offenbar zwei Sitze errungen. Die Beteiligung sank von mehr als 39 auf unter 37 Prozent.
Auch bei unserem Nachbarn spielt die Innenpolitik bei einer Europawahl im Zweifel die Hauptrolle. Wilders interpretierte seinen Erfolg aber ausdrücklich als Ausdruck einer (anti-)europäischen Stimmung: "Die Leute haben genug von Europa, wie es derzeit dasteht: ein großes Europa, zu dem womöglich noch die Türkei stößt und für das wir jedes Jahr Milliarden ausgeben."
Als geschickter Provokateur steht Wilders seinem Vorbild, dem 2002 ermordeten Rechtsliberalen Pim Fortuyn, in nicht mehr viel nach. Im Umgang mit den Muslimen gebärdet er sich als eine Art Anti-Obama: Die geballte Faust ist allemal besser als die ausgestreckte Hand. Mit aggressiven Sprüchen gegen den Koran ("faschistisch") und den EU-Kandidaten Türkei hat er das wachsende Misstrauen seiner Landsleute gegen Immigranten systematisch geschürt.
In Großbritannien, vom Spendenskandal und der schweren Führungskrise von Premier Gordon Brown heimgesucht, wurde ebenfalls mit Gewinnen am rechten Rand gerechnet.