Eine sanfte Ermahnung für das große Talent
Seehofer nimmt Guttenberg an die Leine, um bei der Europawahl kein Desaster zu erleben.
München. Wenn Horst Seehofer über Karl-Theodor zu Guttenberg spricht, dann klingt das nach nicht enden wollendem Lob. Der Bundeswirtschaftsminister gehöre zu "den ganz großen Politik-Talenten", sagt der CSU-Chef dann gerne, der "vor einer steilen politischen Karriere" stehe. Trotzdem habe Guttenberg "ein Gefühl für die Alltagsprobleme der Menschen".
Legt man Seehofers Worte auf den Seziertisch der politischen Analyse, kann man allerdings auch ganz anderes daraus lesen. Ein Talent vor (!) einer steilen Karriere steht in der Hackordnung deutlich unter dem bewährten Polit-Profi, der bereits Chef im Ring ist. Und wenn Seehofer das Gefühl für die Alltagsprobleme der Menschen herausstreicht, dann ist das weniger Beschreibung als Vorschrift.
Übersetzt bedeutet das: Lieber Karl-Theodor, vergiss mir die Wähler nicht! Denn am Sonntag ist Europawahl, und die Gefahr, an der bundesweiten Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern, ist noch nicht ganz gebannt (siehe Kasten).
In der Causa Opel konnte und sollte sich Guttenberg als Ordnungspolitiker profilieren, der sich um die Verwendung von Steuergeldern sorgt. Das war kein Problem: Schließlich ist Bayern kein Opel-Standort. Jetzt aber, da es um Arcandor geht, geht es auch um Arbeitsplätze im CSU-Land. Da kann es Seehofer nicht zulassen, dass sich seine Volkspartei vom Volk entfernt - und damit von dem sicheren Einzug ins EU-Parlament.