Schreibreform ist kläglich gescheitert
sprache Die neu aufgelegten Wörterbücher Duden und Wahrig beweisen endgültig: Es gibt zwei deutsche Rechtschreibungen.
Düsseldorf. Nur drei Jahre nach Inkrafttreten der zum zweiten Mal revidierten Rechtschreibreform ist das Chaos perfekt: Duden und Wahrig haben jetzt die Neuauflagen ihrer Leitwörterbücher auf den Markt gebracht und kommen auf keine gemeinsame Linie mehr. Der Duden (25.Auflage) zum Beispiel schreibt „Große Koalition“, der Wahrig (7. Auflage) „große Koalition“. Im Duden heißt es „seit Neuestem“, im Wahrig „seit neuestem“.
Die Berliner Forschungsgruppe Deutsche Sprache hat in einer ersten Bestandsaufnahme 350 Abweichungen aufgelistet und verweist auf das pikante Detail, dass sowohl Duden und Wahrig unter dem Dach des Cornelson-Verlags erscheinen.
Thomas Paulwitz, Chefredakteur der Zeitschrift „Deutsche Sprachwelt“, findet das „skandalös“. Vor allem Kinder und Jugendliche seien die Opfer: „Nicht die Schüler sind zu dumm für die Neuregelung, sondern umgekehrt ist die Rechtschreibreform zu dumm für die Schüler.“
Der von der Kultusministerkonferenz eingesetzte Rat für deutsche Rechtschreibung, der das Chaos im Schriftdeutsch eigentlich lichten sollte, schweigt zu den erheblichen Diskrepanzen der beiden Standardwerke. Wie die „Welt“ berichtete, habe sich die Redaktion des Wahrig denn auch nicht an Vorgaben des Rechtschreibrates orientiert, sondern an der Gemeinschaftsrechtschreibung der gedruckten Medien. Diese wiederum bezieht sich auf „Regeln“, die die Deutsche Presse-Agentur (dpa) für ihre Autoren entwickelt hatte.
Wie umfassend die Sprachverwirrung ist, zeigt das Internet. Wer etwa das neudeutsche „Spagetti“ ins Google-Suchfeld eingibt, erhält postwendend eine gleichsam belehrende wie verständnislose Reaktion: „Meinten Sie: Spaghetti?“
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