Senioren: Alt und erfahren, aber auch fahrtüchtig

ADAC und Verkehrspolitiker halten nichts von verpflichtenden Gesundheitschecks für ältere Autofahrer.

Foto: Melanie Zanin (5)/dpa

Düsseldorf. Am 4. September 2012 hatte es gekracht: In Wuppertal fährt eine 80-jährige Frau mit ihrem Auto ungebremst in eine Menschenmenge. Zwölf Personen werden zum Teil schwer verletzt, darunter mehrere Kinder. Plötzlich ist das Thema „Senioren am Steuer“ in aller Munde — und damit die Frage, ob ältere Menschen zu Fahrtüchtigkeitstests gezwungen werden sollten.

Die Reaktionen folgen prompt: Automobilverbände und Verkehrspolitiker betonen unisono, nichts von verpflichtenden Gesundheitschecks zu halten. Niemand möchte einfach so eine große Wähler- und Mitgliedergruppe verprellen.

Zwei Jahre später steht das Thema nun erneut auf der Agenda. Zum einen, weil es auf den Straßen häufiger kracht: „Bis Juni 2014 haben wir einen Anstieg der Unfalltoten um 9,5 Prozent verzeichnet“, sagt Ingeborg Vorndran vom Statistischen Bundesamt. Der zweite Grund ist eine EU-Richtlinie, die in Deutschland seit 2013 gilt: Führerscheine sind seitdem nur noch 15 Jahre gültig. Nach aktuellem Stand werden sie danach mit neuem Foto verlängert, eine reine Formsache. Man könnte den ohnehin anstehenden Termin aber auch nutzen, um die Fahrtüchtigkeit zu testen.

Der Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) plädiert für verpflichtende Sehtests: „Ab einem Alter von etwa 60 Jahren lassen nachweislich Sehfunktionen wie Tagessehschärfe, Kontrastsehen oder das Dämmerungssehen nach“, sagt ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod.

Rein statistisch gibt es allerdings keine Notwendigkeit, ältere Menschen besonders zu kontrollieren. So kamen 2012 in Deutschland 994 Senioren (ab 65 Jahren) im Verkehr ums Leben. Bezogen auf die Einwohner ihrer Altersgruppe bedeutet das, dass 59 Senioren je eine Million Einwohner tödlich verunglückten. Das Unfallrisiko älterer Menschen ist im Vergleich zum Durchschnitt der Bevölkerung nur etwa halb so hoch.

Der ADAC lehnt den Führerschein-Check für Senioren ab. Entscheidend seien die Eigenverantwortung und lebenslange Erfahrung der älteren Verkehrsteilnehmer. Aus dem Bundesverkehrsministerium heißt es, grundsätzlich setze man auf Freiwilligkeit bei Gesundheits-checks. Man wolle erst abwarten, wie sich die Verkehrsminister der Länder in der Frage der Sehtests positionieren.

Bei der jüngsten Verkehrsministerkonferenz stand das Thema eigentlich auf der Tagesordnung. Baden-Württemberg wollte für die Einführung eines Sehtests alle 15 Jahre werben. Diskussionsstoff wäre also reichlich vorhanden gewesen. Stattdessen kam das Thema aber erst gar nicht zur Sprache: Es wurde kurzerhand von der Tagesordnung gestrichen.