Überwachungsskandal: US-Dienst bespitzelt Norweger im eigenen Land
Ehemalige hochrangige Mitarbeiter von Polizei und Sicherheitsdienst sollen im US-Auftrag norwegische Bürger in ihrem Heimatland ausspioniert haben. Norwegens Justizminister Storberget kündigte umfangreiche Ermittlungen an. Auch in anderen Ländern sollen Spitzel im Dienste der USA Bürger ausspionieren.
Die Überwachungstätigkeiten sollen vor allem der Abwehr von möglichen Terroranschlägen auf US-Einrichtungen im Lande gegolten haben. Eine aus dem Umfeld der US-Botschaft in Oslo angeheurte Gruppe von Norwegern, bestehend aus ehemaligen hochrangigen Polizisten und Mitgliedern des Polizeili-Sicherheitsdienstes (PST), habel rund um die Uhr verdächtige Personen ausspioniert, fotografiert und überwacht.
Der Kreis der überwachten Personen erstreckt sich von Gegnern des Irakkriegs bis zu Norwegern muslimischer Religionszugehörigkeit. Die gesammelten Daten fließen in eine zentrale Datenbank. Dort bleiben sie laut Dagbladet für mindestens 25 Jahre.
Leiter der im Jahr 2000 geschaffenen Einheit "SDU" (Surveillance Detection Unit, dt. Überwachungs- und Aufklärungseinheit) soll Olaf Johan Johansen, ehemaliger Chef der Antiterrorkräfte der norwegischen Polizei gewesen sein. Der heute 71-Jährige sei direkt nach seiner Pensionierung von der US-Botschaft angeworben worden sein. Johansen wollte sich am Donnerstag nicht zu den Vorwürfen äußern.
Brisant ist: Weder der Polizei-Sicherheitsdienst (PST) noch die Osloer Polizeibehörde sollen dem Unternehmen eine offizielle Genehmigung erteilt haben. Martin Bernsen, Vize-Präsident des PST, sagte gegenüber der Zeitung Dagbladet: "Polizeiliche Maßnahmen - wie etwa Überwachungen - sind ausschließlich durch die norwegische Polizei auszuführen." Darüber hinaus wolle er zunächst keine weitere Stellungnahme abgeben.
Justizminister Knut Storberget forderte am Donnerstag von PST und Polizei Auflärung darüber, inwieweit beide Organisationen über die Vorgänge informiert gewesen seien. Gleichzeitig äußerte das norwegische Außenministerium Zweifel an der Legalität der US-geführten Operation. Storberget deutete an, die Verantwortlichen der US-Botschaft zur Klärung der Angelegenheit einbestellen zu wollen. Darüber hinaus solle ermittelt werden, ob es seitens norwegischer Behörden Genehmigungen für Aktivitäten gegeben habe, die norwegischen Gesetzen widersprechen.
Berichten zufolge soll es ähnliche SDU-Einheiten auch in anderen Ländern geben. Möglicherweise auch in Deutschland. Die norwegische Abteilung der SDU hat laut TV2 mittlerweile ihre Büroräume aufgegeben und ist mit unbekanntem Ziel verzogen. Zufälligerweile erfolgte der Umzug gerade zu der Zeit, als der Sender begann Fragen zu stellen.
- Übersetzung: eam/tsn
- mit dpa