Umfragen: Schwarz-Gelb in NRW ohne Mehrheit
Berlin. In Nordrhein-Westfalen wurde Angela Merkel vorzehn Jahren zur CDU-Chefin gewählt. An Rhein und Ruhr könnte sich beider Landtagswahl am 9. Mai auch entscheiden, wie mächtig Merkel bleibt.Rund ein halbes Jahr nach dem Start der schwarz-gelben Regierung ist esder erste große Stimmungstest für die Kanzlerin.
Merkel setzt bei derLandtagswahl in Nordrhein-Westfalen auf einen Sieg von Union und FDP.Ihr geht es nicht nur um die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalitionvon NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Ihr geht es auch umdie Bundesratsmehrheit von Union und FDP, die futsch wäre, wenn es fürSchwarz-Gelb im bevölkerungsreichsten Bundesland nicht mehr reichensollte.
Die NRW-Wahl hat nach Ansicht von Merkel bundesweite Bedeutung. Zumeinen braucht sie für die Lösung der großen Reformen und Aufgaben -Steuern, Gesundheit, Sparen, Wachstum, Beschäftigung, Bildung - eineMehrheit im Bundesrat. Zum anderen warnt Merkel vor „Experimenten mitungewissem Ausgang“.
In Umfragen ist der Ernstfall bereits eingetreten: Schwarz-Gelb in NRWhat keine Mehrheit. Auch bundesweit schwächelt die gleichfarbigeKoalition. Während die Union in der jüngsten Forsa-Umfrage leicht überihrem Ergebnis der Bundestagswahl 2009 lag, hat sich der Wert der FDPim Vergleich zur Wahl mehr als halbiert. Außenminister und FDP-ChefGuido Westerwelle ist inzwischen Schlusslicht in der Skala der zwölfwichtigsten Politiker.
Die Koalition hofft, dass es doch noch reicht für Schwarz-Gelb, dassRüttgers noch Rückenwind bekommt und die FDP ein achtbares Ergebniseinfährt. Hinter den Kulissen wird in der Union aber schon überlegt,wie Alternativen aussehen könnten. Schwarz-Grün wäre ein allzu mutigesManöver, es wäre Neuland, obwohl es in Hamburg auf Landesebene einesolche Koalition bereits gibt.
Doch NRW hat spezielle Probleme(Beispiel Kohle). Und es ist kein Stadtstaat, sondern ein Flächenlandmit mehr als zehnmal so viele Einwohnern. Hier wird womöglich schon einSignal für die Bundestagswahl 2013 gesetzt.
Der CDU-Chefin passt eine schwarz-grüne Koalition zum jetzigenZeitpunkt nicht. Sie spricht von einer „unsinnigen Diskussion“ undsieht die größten inhaltlichen Schnittmengen zwischen CDU und FDP. Inder CDU gibt es aber auch offenere Arme zumindest für „Jamaika“. „Ichhab's immer nur bedauert, dass die Grünen sich in eine Art babylonischeGefangenschaft mit der SPD begeben, weil sie eine "Jamaika"-Koalitionunter Einschluss der FDP und der CDU kategorisch ablehnen“, sagte derGeschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier (CDU),vor einigen Wochen.
Deshalb gilt in Unionskreisen schon eher Schwarz-Rot als Notlösung. Mankönnte von einer „ultima ratio“ sprechen, dem Begriff, den Merkelverwendet, wenn es um Finanzhilfen für das kränkelnde Griechenlandgeht. Dieser letzte Ausweg Schwarz-Rot ist auch das Bündnis, das sichso mancher Bürger in Umfragen für den Bund wieder herbeisehnt.
Es ist für Merkels Regierung natürlich möglich, ohne Mehrheit in derLänderkammer zu regieren. Die letzten Jahre von Kanzler Helmut Kohl(CDU) zeigten aber, wie schwer es sein kann, gegen wachsendenWiderstand des Oppositionslagers anzugehen.
Der NRW-Ministerpräsident braucht Merkel im Wahlkampf. Anlässlich deszehnten Jahrestags ihrer Wahl zur Parteichefin Anfang April schütteteer sein Komplimente-Füllhorn aus. „Angela Merkel ist zuverlässig,berechenbar und klar“, sagte Rüttgers. „Es macht Spaß, mit ihrzusammenzuarbeiten.“ Von der FDP grenzte er sich allerdings kürzlichab, als er die Bedeutung des Staates in der Krise betonte.
Für ein Störfeuer vor der NRW-Wahl sorgte der Mittelstandsflügel derUnion. Der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann,warf der schwarz-gelben Regierung vor, mit Zwangsrabatten fürMedikamente und Pflege-Mindestlohn den Wahlerfolg zu gefährden. Dasfanden nicht alle gut. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) empfahlschlicht: Einfach mal bis zur Wahl „den Mund halten“.