Wer braucht heute noch eine Expo?
In Zeiten des Internets erscheint das Treffen überflüssig. Und doch kommen 70 Millionen Gäste.
Shanghai. Im Zeitalter unmittelbarer Kommunikation durch das Internet ist eine Weltausstellung eigentlich ein Anachronismus. Auch scheint eine Expo über nachhaltige Entwicklung ein Widerspruch in sich zu sein, wenn die Pavillons später wieder abgerissen werden. Kein Wunder also, dass Weltausstellungen umstritten sind. Milliarden haben die Stadt Shanghai sowie rund 250 teilnehmende Länder und Organisationen in die sechsmonatige Show in der chinesischen Metropole investiert. Zur feierlichen Eröffnung heute reisen 21 Staats- und Regierungschefs an.
"Eine bessere Stadt, ein besseres Leben", lautet das Thema der Expo. Dabei geht es um das Leben in den wachsenden Metropolen der Welt (siehe Info-Kasten). Es geht aber auch um die Selbstdarstellung einzelner Länder. So viele Teilnehmer wie in Shanghai hat es noch nicht gegeben. Selbst die USA sind wieder mit einem eigenen Pavillon dabei, weil der große Wachstumsmarkt China lockt. Mit erwarteten 70 Millionen Besuchern soll es die größte Weltausstellung aller Zeiten werden.
Seit jeher pflegen Weltausstellungen einen Fortschritts-Mythos, der in China besonders blüht. In ihrer 159-jährigen Geschichte zeigten Weltausstellungen anfangs vor allem neueste technische Erfindungen. Die Expo 1889 in Paris brachte nicht nur den Phonographen, sondern auch den Eiffel-Turm. Ähnlich ist das Atomium 1958 zum Wahrzeichen von Brüssel geworden.
"Weltausstellungen haben eine lange Tradition, die Errungenschaften einzelner Länder an einen gemeinsamen Ort zu bringen - aber heute gibt es das Internet, so dass die Expo den Menschen nicht mehr so viel bringen kann wie noch vor 100 Jahren", findet der bekannte chinesische Blogger Michael Anti. Da viele seiner Landsleute aber auch heute noch nicht beliebig ins Ausland reisen könnten, sei die Expo für Chinesen bedeutungsvoll.
Deutschland lässt sich seinen bisher größten Expo-Auftritt rund 50 Millionen Euro kosten. "Deutschland hat in seiner langen Geschichte von Innovation und Umweltschutz viele Konzepte und Ideen hervorgebracht, wie die Stadt von morgen aussehen könnte", sagt die deutsche Expo-Sprecherin Marion Conrady.