Verliehen wurden im Rahmen der Gala – informativ moderiert von Claudia Belemann – die Preise für 2025 des „International Classical Music Award“. Kurz ICMA, eine europaweit agierende Organisation für Klassische Musik. Sie ermittelt jährlich Preisträger – ausgewählt von einer Jury aus Musikkritikern von Fachzeitschriften, Online-Portalen und Klassik-Radio-Stationen in Europa.
Bis 2010 wurden die Preise auf einer Messe in Cannes verliehen, seit 2011 in Musikmetropolen. Die Tonhalle war jetzt, nach Leipzig (2017), erst die zweite Adresse für dieses Preisträgerkonzert in Deutschland.
Ausschlaggebend für den Ort waren zwei Preisträger – das städtische Orchester und ihr „Principal Conductor“ Adam Fischer. Den „Special Achievement Award 2025“ erhielten die Symphoniker – wegen ihrer außergewöhnlichen Formate für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, auch um ein stetig wachsendes Publikum für die Klassik zu gewinnen. Und ihr Engagement für Umweltschutz. Dass ihr Musizieren gleichzeitig internationales Niveau erreicht, bewiesen sie mit einem Gala-Programm mit 16 Werken – von Barock bis zur Avantgarde. An Mozarts Ouvertüre zu „Figaros Hochzeit“ gehen sie mit Affenzahn heran, vernachlässigen weder Brillanz noch präzise Tempi. Am Pult: der energiesprühende Adam Fischer, der ebenfalls einen Spezial-Award erhielt – für CD-Aufnahmen von Brahms- und Beethoven-Symphonien mit dem Danish Chamber Orchestra.
Der ICMA-Künstler des Jahres ist Leonardo Garcia Alarcón. Der in Argentinien geborene Cembalist und Dirigent liebt nicht nur große Posen, sondern entlockt den Symphonikern einen pompös strahlenden Händel mit allen Schikanen. Und verleiht dessen Feuerwerksmusik, in weihevoll steigerndem Tempo, eine königliche Pracht. Wie eine Majestät lässt sich Alarcón durch einen Trommelwirbel ankündigen und schreitet dann ans Cembalo. Posen à la Hollywood schadet der Klassik nicht. Das beweist Maestro Alarcón, den die voll besetzte Tonhalle danach bejubelte.
Ähnlich gefeiert wurden: der 22-jährige Gewinner des „Classeek-Award“ Ettore Pappano: Der gebürtige Römer zelebriert mit seinem Cello die romantisch schwelgerische „Hungarian Rhapsody“ von David Popper – mit sportlicher Eleganz und „molto emozione“. Ebenso der „Young Artist of the Year“ Benjamin Kruithoff nach einem virtuosen Cello-Stück von Tschaikowsky. Zuverlässig und effektsicher dirigiert wurden diese Stücke – wie die meistern des Abends – von Düsseldorfs Opern-GMD Vitali Alekseenok.
Nachdenklich wurde es bei einem der bedeutenden Geiger des 20./21. Jahrhunderts, den der ICMA mit dem Preis für sein Lebenswerk auszeichnete. Der 1947 in Riga geborene Gidon Kremer, der nach einer steilen Karriere – zuerst in Russland, dann weltweit – seit 1980 im Westen lebt, wandte sich später auch zeitgenössischen Werken zu – als Geiger und Dirigent. Zusammen mit den Symphonikern und Fischer spielte er „Träume“ von Viktor Kosenko. Und ein Geigen-Solo von Valentin Silvestrov – „zwei ukrainische Werke“, betont Kremer danach. Den ukrainischen Kampf für Unabhängigkeit bewundere er. Kremer: „Die Ukrainer verteidigen die Werte von Europa.“
Im Bereich Gesang fallen zwei Sänger auf: der 34-jährige Samuel Hasselhorn. Mit kraftvoll, aber geschmeidigem Wotan-Bariton macht er das Gustav-Mahler-Lied „Revelge“ aus des „Knaben Wunderhorn“ zu einem Kunsterlebnis (Vocal Music Award). Im Bereich Barock glänzt dann der international gerühmte Andreas Scholl. In den hohen Registern seines biegsamen Countertenors führt er mit Stücken aus Vivaldis „Stabat Mater“ in die erhabene Sakralwelt italienischen Barocks.
Ein Knüller aus Österreich – zum 200. Geburtstag von Walzerkönig Johann Strauß – lieferte Komponist Christoph Ehrenfellner (Composer Award) mit seiner ironisch blinzelnden Neudeutung von „Wiener Blut“. Vor- und rückwärts gedrehte Walzer-Rhythmen, bizarre Kehrtwenden und Weiterführungen à la Richard Strauss („Rosenkavalier“) inklusive.