Mit dem frühen Tod zweier wichtiger Kollegen verbindet sich diese Musik in der Erinnerung von Sharon Kam. Die weltberühmte Klarinettistin hat Olivier Messiaens „Quatuor pour la fin du temps“ („Quartett für das Ende der Zeit“) einst mit dem Cellisten Boris Pergamenschikow gespielt, nach dessen Tod dann erneut mit dem Pianisten Lars Vogt, der bei diesem Auftritt bereits sehr krank war und im September 2022 starb. Nun wird das Werk im „Raumstation“-Konzert in der Tonhalle erklingen, das Sharon Kam am 27. März gemeinsam mit ihren neuen Kammermusikpartnern gibt.
Ein sehr persönliches Programm hat die Künstlerin also ausgewählt, zudem mit französischem Schwerpunkt. Denn vor dem „Quatuor“ spielt sie eins ihrer Herzensstücke, Claude Debussys Rhapsodie Nr. 1 für Klarinette und Klavier, gemeinsam mit dem Pianisten Enrico Pace. Dieses Werk setzt sie eigentlich gerne an den Anfang eines Konzerts, weil es wie aus dem Nichts beginnt. Wenn es nach und nach Kontur annimmt, brechen immer mehr Licht und Farben hervor: „Es beginnt wie ein Sonnenaufgang und endet wie eine Party“, sagt die berühmte Klarinettistin.
Zur Eröffnung erklingt diesmal aber Ludwig van Beethovens Klaviertrio D-Dur (op. 70/1), das seinen Beinamen „Geistertrio“ der düsteren Stimmung im langsamen Satz verdankt, ansonsten aber typisch Beethovensche Kraft und Fülle verströmt. Liza Ferschtman (Violine), Christian Poltéra (Violincello) und Enrico Pace (Klavier) schließen sich dafür zum Trio zusammen.
Nach der Pause stößt Sharon Kam für das „Quatuor pour la fin du temps“ hinzu, das heute als eines der wichtigsten Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts gilt. 1939 zum Militär eingezogen, wurde Messiaen 1940 bei Verdun gefangen genommen und in ein Lager bei Görlitz deportiert. Der Komponist selbst saß am Klavier, als er das Stück im Januar 1941 mit einigen Mitgefangenen vor rund 5000 Inhaftierten aufführte: mit einem Cello, dem eine Saite fehlte, und einem Klavier, dessen Tasten klemmten. „Nie hat man mir mit so viel Aufmerksamkeit zugehört“, erinnerte der Komponist sich später.
Obwohl von der Apokalypse des Johannes inspiriert, klingt das Quartett nicht nur nach Düsternis und Weltuntergang, sondern auch nach zerbrechlicher, sphärenhafter Schönheit. Mitten in den Wirren des Weltkriegs verlieh Messiaen seiner Hoffnung auf Trost im Glauben Ausdruck. Sharon Kam wollte das Stück unbedingt nach Düsseldorf mitbringen. Sie beschreibt es als ein fast religiöses Erlebnis, auch für nicht religiöse Menschen: „Etwas Mystisches, das Klang und Seele auf besondere Weise verbindet, und so etwas brauchen wir in dieser Zeit.“
Weitere Informationen zum Konzert mit Sharon Kam gibt es unter www.tonhalle.de.