Baumpflege in schwindelnder Höhe und am Boden
Schönkirchen (dpa) - Mal klettern sie in schwindelnder Höhe, mal schneiden sie profan eine Hecke - Baumpfleger haben einen abwechslungsreichen Beruf. Und Nachwuchs wird gesucht.
Lars Mirold steht vor einem Baum auf seinem Betriebsgelände in Schönkirchen bei Kiel und erklärt Azubi Maik Hagelstein die richtigen Schnitte. In der Hand hat der junge Mann eine Schneidgiraffe, mit der er einige überstehende Äste entfernt.
„Die Baumpflege ist in den vergangenen Jahren ein immer größerer Teil unserer Arbeit geworden“, sagt Mirold. Mittlerweile hat er in seinem Betrieb zwei Baumpfleger, darunter auch Kletterer. Nicht immer sind die Baumpfleger in luftiger Höhe unterwegs, manchmal werden sie - wie an diesem Tag - auch einfach zur Heckenpflege gerufen. Auch das Fräsen von Wurzelstöcken oder das Sanieren kranker Bäume, etwa indem Löcher verfüllt oder stark überhängende Äste eingekürzt oder mittels einer Kronensicherung gehalten werden, gehört zu ihren Aufgaben.
Baumpfleger ist kein eigener Ausbildungsberuf, die meisten, die diesen Job später machen, haben zuvor Gärtner oder Förster gelernt, wie der Geschäftsführer der Deutschen Sektion der Internationalen Baumpflege-Gesellschaft ISA, Frank Rinn, sagt. Und sich dann weitergebildet, zum Beispiel zum Fachagrarwirt Baumpflege. Rund 20 000 Baumpfleger gibt es schätzungsweise bundesweit, etwa die Hälfte von ihnen hat eine Zusatzausbildung als Seilkletterer absolviert. Und nur etwa 3000 haben den darauf aufsattelnden Kurs gemacht, der sie auch zum Führen von Motorsägen in luftiger Höhe befähigt. „Das Berufsbild ist im öffentlichen Ansehen gewachsen“, sagt Rinn. Das Interesse habe stetig zugenommen, weil Baumklettern oft kostengünstiger und baumschonender sei.
Baumkletterer werden überall dort eingesetzt, wo man mit Leitern oder Arbeitsbühnen nicht weiterkommt. So hatte ein Gartenbesitzer im Flensburger Norden Anfang Mai die Baumkletterer gerufen - an der alten Eiche in seinem Garten waren einige große Äste abgebrochen und hingen lose in der Krone. Im Nachbarhaus wohnen kleine Kinder, dass die Äste auf diese drauffallen können, war die Sorge des Mannes. Vom Boden aus war kein Rankommen, also mussten die Baumkletterer ran: Gesichert an Klettergurten und Seilen, ausgestattet mit Sicherheitskleidung und Helm, robbte einer der Männer an die abzusägenden Äste, ein anderer unterstützte ihn vom Boden aus, reichte beispielsweise Sägen - gesichert an Seilen - nach oben.
Das Verhalten des Flensburgers ist durchaus typisch für einen Bewusstseinswandel, der sich in den vergangenen Jahren vollzogen hat. Auch Privatleute kümmerten sich jetzt mehr, was mit den Bäumen in ihren Gärten passiert, sagt Rinn. Und das Sicherheitsbewusstsein habe zugenommen, die Menschen nähmen es nicht mehr so einfach hin, wenn ein Baum oder Äste auf die Straße fielen. Dass hätten auch die Kommunen gemerkt, die mehr für das Grün an den Straßen sorgten.
Zumal dieses auch ein wirtschaftlicher Faktor ist, wie Rinn sagt: Eine Studie habe beispielsweise ergeben, dass die Immobilien in den Stadtteilen Hamburgs, in denen es viel öffentliches Grün gibt, mehr wert seien. Außerdem helfen die städtischen Bäume, die Feinstaubkonzentration in den Innenstädten zu senken. Zudem gibt es in jüngster Zeit strengere Naturschutzrichtlinien, die vorschreiben, alte Bäume so lange wie möglich zu erhalten, auch wenn sie geschädigt sein sollten. „Es wird weniger gefällt“, sagt Rinn.
Viel zu tun also für die Baumpfleger, genauso wie die normalen Garten- und Landschaftsbauer dringend Nachwuchs suchen. Denn viele Schulabgänger verbinden damit Rasen mähen und Unkraut zupfen - so wie die Freunde von Hagelschlag, als er ihnen von seiner Lehrstelle erzählte. „Landschaftgärtner ist aber nicht nur Blümchen gießen, sondern ein anspruchsvoller technischer Beruf“, sagt Adonis Andresen, Ausbilder und Referent für Nachwuchswerbung beim Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau. Gemeinsam mit GaLa-Baubetrieben wirbt er beispielsweise in Schulen um Nachwuchs, zuletzt im Juni.
Und auch wenn Azubi Maik Hagelstein seinen Kletterschein vermutlich nicht machen wird („Ich hab's nicht so mit der Höhe“) - um seine Jobperspektiven muss er sich dennoch keine Sorgen machen. Denn auch am Boden ist genug zu tun.