EU-Bildungsbericht: Deutschland im guten Mittelfeld
Brüssel/Berlin (dpa) - Deutschland landet beim neuen EU-Vergleich zur Bildung im oberen Mittelfeld. Spitzenpositionen erreichen deutsche Schüler nirgends. Verbesserungsbedarf gibt es etwa beim Lesen und Schreiben.
Im EU-Schnitt liegt der Anteil an Schülern mit geringer Lesekompetenz bei 20 Prozent. „Jeder fünfte Schüler kann mit 15 Jahren immer noch nicht gut lesen“, sagte EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou am Dienstag (19. April) in Brüssel. Mädchen schneiden besser ab als Jungen.
Insgesamt ist das Fazit des neuen Bildungsberichts der EU-Kommission: Besser ist es geworden, aber nicht gut genug. Die europäischen Staaten haben zwar Fortschritte gemacht. Von den konkreten Zielen wurden aber kaum welche erreicht. Die Kommission vergleicht in dem Bericht die Entwicklung der 27 Mitgliedsstaaten anhand der neuesten Zahlen aus dem Jahr 2009.
In Deutschland tun sich 18,5 Prozent der 15-Jährigen schwer in der Disziplin Lesen. Bis 2010 - die Zahlen werden für Sommer erwartet - sollte ihr Anteil laut EU-Vorgaben auf 17 Prozent sinken. Insgesamt haben sich deutsche Schüler aber seit Jahren verbessert. Anders ist das zum Beispiel in Irland, Österreich und Frankreich, wo die Schüler vor zehn Jahren höhere Leistungen zeigten als heute.
Schwächer als andere ist Deutschland, wenn es um den Anteil der Abiturienten und Hochschulabsolventen geht. 73,7 Prozent der 22-Jährigen haben in Deutschland das Abitur oder eine Lehre in der Tasche. Im EU-Schnitt schaffen das mehr, nämlich 78,6 Prozent. Am besten schneidet die Slowakei ab (93,3 Prozent).
Ähnlich sieht es bei den Hochschulabschlüssen aus: 29,4 Prozent der 30- bis 34-Jährigen in Deutschland verfügen über diese oder eine vergleichbare Qualifikation. Bis 2020 wollen die EU-Mitgliedstaaten auf 40 Prozent kommen. Rechne man Berufsausbildungen hinzu, die weniger als zwei Jahre dauern, sei es für Deutschland kein allzu weiter Weg mehr.
„Allerdings ist der Schulabbruch weiterhin ein Problem, das einen von sieben Jugendlichen in der Europäischen Union betrifft“, sagte Vassiliou. In Deutschland beenden 11,1 Prozent der 18- bis 24-Jährigen die Schule ohne Abschluss. Laut Kommission soll der Anteil auf höchstens 10 Prozent gesenkt werden. Die Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern sind riesig: Während Polen mit 5,3 Prozent am besten abschneidet, bildet Malta mit 36,8 Prozent das Schlusslicht.
Nur ein Ziel wird auf EU-Ebenen erreicht: Seit 2000 ist die Anzahl der Absolventen mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Fächer durchschnittlich um 37 Prozent gestiegen. Damit wird das angestrebte Ziel deutlich übertroffen. In Deutschland legte diese Zahl bis 2009 um über 50 Prozent zu, zudem war der Frauenanteil höher als zuvor. Deutschland erreicht die Vorgaben noch in einem anderen Punkt: 95,6 Prozent der Kinder besuchen eine Vorschule. Vassiliou appellierte an die EU-Mitgliedsstaaten, Bildungsausgaben nicht zu senken.
Einer am Dienstag veröffentlichten Allensbach-Umfrage unter deutschen Lehrern zufolge glaubt jeder zweite Lehrer, dass er nur wenig oder keinen Einfluss auf seine Schüler hat. Entsprechend äußerten sich 48 Prozent der Befragten. Eine viel bedeutsamere Rolle als sie selbst spielen für zwei Drittel die Medien (69 Prozent) und der Freundeskreis (68 Prozent). Nur knapp ein Drittel der Pädagogen (31 Prozent) billigt den Eltern zu, wesentlichen Einfluss auszuüben. Wenige Lehrer (8 Prozent) glauben, dass ihre Arbeit entscheidend sei.