Gefragtes Material: Mit Kunststoff Karriere machen
Stade (dpa/tmn) - Der Werkstoff CFK (Carbon-Faser verstärkte Kunststoffe) war für den Massenmarkt bislang zu teuer. Fast nur die Luft- und Raumfahrt setzte ihn ein. Nun wird CFK auch für andere Industrien interessant.
Wer in der Branche startet, hat gute Jobaussichten.
Erzählt Mona Hoffmann auf einer Party, was sie studiert, dann sieht ihr Gegenüber sie meist verständnislos an. Denn die 21-Jährige macht einen Ingenieur-Bachelor im Bereich Verbundwerkstoffe (Bachelor of Engineering Verbundwerkstoffe/Composite). Es macht die Sache nicht einfacher, dass sie parallel zu ihrem Studium beim Flugzeughersteller Airbus noch eine Ausbildung zur Verfahrensmechanikerin im Bereich Kunststoff- und Kautschuktechnik macht. Die meisten verstehen spätestens jetzt nur noch Bahnhof. Denn unter Verbundwerkstoffen kann sich nicht jeder etwas vorstellen.
„Ich erklär' das dann anhand der Formel 1“, sagt Hoffmann. Haben Formel-1-Wagen einen Unfall, dann sehe man im Fernsehen häufig, dass die Rennautos beim Aufprall zum Teil zersplittern. Bei normalen Autos passiert das nicht. Sie bekommen eine Beule, denn sie sind aus Blech. Rennautos dagegen sind aus einem Werkstoff, der fast so klingt, wie ein ehemaliger amerikanischer Präsident hieß: CFK. Und CFK ist das, womit sich Mona Hoffmann in ihrer Ausbildung schwerpunktmäßig beschäftigt.
CFK steht für Carbon-Faser verstärkte Kunststoffe. Oft wird CFK auch Verbundwerkstoff oder Faserverbundwerkstoff genannt. CFK ist nicht neu. „Schon seit mindestens 20 Jahren wird damit experimentiert“, sagt Michael Assenmacher vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Bislang war die CFK-Branche jedoch eher klein. Denn der Werkstoff war für den Massenmarkt einfach zu teuer. Das wird sich nun ändern. „In der CFK-Branche wird es richtig boomen“, sagt Assenmacher. Schon jetzt nehme die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche fast explosionsartig zu, ergänzt Patrick Markert vom Verein CFK-Valley Stade.
Mona Hoffmann erklärt den Werkstoff CFK so: „Das ist praktisch wie ein Büschel Haare.“ Wobei jedes einzelne Haar eine Faser ist, deren Kern aus Erdöl gewonnen wird. Richtet man die einzelnen Haare etwa parallel an, übergießt das Ganze mit Harz und lässt es in einem speziellen Ofen ausbacken, dann sei das Ergebnis CFK.
Was CFK für die Industrie so interessant macht, ist vor allem die Leichtigkeit des Stoffs. CFK ist genauso widerstandsfähig wie Stahl oder Aluminium, dabei aber bedeutend leichter.
Bislang wurde CFK deshalb vor allem in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt. Nun hat ihn jedoch die Automobilbranche für sich entdeckt. CFK könnte Autos leichter machen, was nicht nur Sprit sparen würde, sondern auch für den Bau von Elektroautos interessant wäre. Denn eine Möglichkeit, um deren Fahrdauer zu erhöhen, ist, die Batterie leistungsstärker zu machen. Die andere ist, die Autos leichter zu bauen. Auch in der Windkraft und im Anlagenbau wird CFK seit einiger Zeit verstärkt eingesetzt.
„Das Tolle an dem Werkstoff ist, dass er noch in der Entwicklung ist“, sagt Joachim Sauer, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor von Airbus in Deutschland. Wer sich für eine Karriere im Bereich CFK entscheide, sei nie nur Azubi oder Student, sondern immer ein Stück weit Forscher. Mona Hoffmann kann das bestätigen. „Mir wird schnell langweilig. Aber in der Ausbildung bin ich bislang selten mit einem Problem doppelt konfrontiert worden.“
Wer in der Branche arbeiten möchte, sollte sich für Naturwissenschaften interessieren, sagt Christiane Matthies, Ausbildungsleiterin bei Airbus in Stade und für den Bereich CFK zuständig. Daneben erfordere der Beruf handwerkliches Geschick. Außerdem müssten junge Menschen teamfähig sein, denn in Konstruktion und Produktion von Flugzeugen, Autos und Windkraftanlagen arbeite man fast immer im Team.
Zwei Ausbildungen bereiten speziell auf die Branche vor. Die eine ist der Verfahrensmechaniker mit dem Schwerpunkt Kunststoff- und Kautschuktechnik. „Wer sich für die Lehre interessiert, sollte einen guten Realschulabschluss mitbringen“, sagt Sauer von Airbus. Für junge Menschen mit Abitur könnte ein Ingenieurstudium mit dem Schwerpunkt CFK interessant sein.
Wer die Ausbildung hinter sich hat, muss sich über die Zukunft keine Gedanken mehr machen. „Die Berufsaussichten in diesem Bereich sind hervorragend“, sagt Ausbildungsleiterin Matthies. Und Patrick Markert vom Verein CFK-Valley Stade ergänzt: „Zurzeit übertrifft die Nachfrage der Firmen bei weitem das Angebot an Fachkräften.“
Auch Mona Hoffmann macht sich um ihre Zukunft keine Sorgen. Am liebsten will sie in einem Konstruktionsbüro bei Airbus arbeiten. Sie glaubt, dass die Nachfrage an CFK-Fachkräften auf jeden Fall steigt. Und falls von dem Werkstoff in vielen Jahren niemand mehr etwas wissen will, macht ihr das auch keine Sorgen. Denn in ihrem Studium hat sie nicht nur etwas über CFK gelernt, sondern auch viel über Grundlagen der Ingenieurswissenschaften. Und damit ist sie immer gut aufgestellt.