Wie werde ich...? Orgelbauer
Berlin (dpa/tmn) - Orgelbauer macht man nicht des Geldes wegen. Denn viel Gehalt bekommen die Instrumentenbauer nicht. Die meisten machen es wohl aus Leidenschaft: für alte Handwerkstechniken und Musik.
Wer den Beruf ergreift, sollte sorgfältig sein und Kirchen mögen.
Eine Orgel mit Pfeifen aus Porzellan gibt es weltweit nur einmal: Sie erklingt in einer Einkaufsmall in Yokohama in Japan. Die Firma Jehmlich aus Dresden hat sie gebaut. Sie fertigte sie zusammen mit der Porzellanmanufaktur Meißen. Die Orgel ist erdbebensicher, sie hat 49 Pfeifen und 40 Glocken. Wie fast jede andere Pfeifenorgel auch ist die Orgel in Japan ein Unikat. Dass die Orgel in Japan in einem Einkaufszentrum steht, ist jedoch die absolute Ausnahme. Denn eigentlich steht der Zweck für Orgeln seit jeher fest. „Wir bauen Orgeln zum Lobe Gottes“, sagt Horst Hoffmann, Vorsitzender des Bundes Deutscher Orgelbaumeister (BDO).
Orgelbauer haben es mit einem beständigen Instrument zu tun. Eine Orgel lässt sich jahrhundertelang spielen. „Was wir bauen, unterliegt kaum dem Verschleiß“, sagt Hoffmann. Vor allem Kirchengemeinden kaufen die Instrumente.
Der Bau einer Orgel ist eine komplizierte Sache. Bereits beim Planen am Computer geht es etwa um die Akustik und das Klima am Aufstellungsort. Denn das Klima hat einen Einfluss darauf, wie die Orgel klingt. Es geht um die richtigen Materialien genauso wie um ästhetische Fragen.
In der Werkstatt wird später fast alles per Hand gemacht. Die Fachleute müssen mit alten Handwerkstechniken umgehen können und Materialien wie Holz, Metall und Leder bearbeiten können. So müssen sie etwa Pfeifen gießen und aus bestem Holz Spieltische machen können. Penibles Arbeiten ist Pflicht. Denn sind die Orgelbauer bei den Einzelteilen nicht genau, lässt sich das Instrument später nicht zusammenbauen. Der Bau einer Orgel dauert Jahre.
Wolfgang Amadeus Mozart nannte die Orgel die „Königin der Instrumente“. Ihre Töne können ein ganzes Orchester imitieren. Spezialisierte Intoneure stellen dafür jede Pfeife von Hand ein.
Für den Aufbau einer Orgel sind die Fachleute oft wochenlang unterwegs. Oft reisen sie dafür auch ins Ausland, denn der Markt für deutsche Orgeln boomt etwa in China. Schon die Lehrlinge reisen für den Aufbau mitunter mit. „Die Familie sollte sich darauf einstellen“, sagt Jehmlich. Beim Montieren auf engstem Raum muss die Chemie im Team stimmen. Frauen stehen selten auf dem Gerüst. Der Orgelbau ist eine Männerwelt.
Orgelbauer sollten zudem einen Bezug zur Religiosität haben, denn die Gemeindemitglieder nehmen die Monteure zeitweise in ihre Gemeinschaft auf. „Daraus erwachsen mitunter lebenslange Freundschaften“, berichtet Orgelbauer Jehmlich.
Derzeit gibt es mehr Bewerber als Stellen für Orgelbauer. Laut BDO nimmt der Andrang auf die Lehrstellen jedoch in den letzten Jahren ab. Insgesamt dreieinhalb Jahre dauert die Lehre. Jeder dritte Lehrling bringt zurzeit das Abitur mit. Fast alle Lehrlinge werden an der Oscar-Walcker-Schule Ludwigsburg in Baden-Württemberg ausgebildet. An der Schule erlernen die Azubis in zwölf Wochen pro Jahr die Theorie. Bei der Abschlussprüfung muss eine Mini-Orgel, ein „Portativ“, gebaut werden. Die Bundesländer Sachsen und Bayern lassen zunehmend die Prüfungen von den jeweiligen Industrie- und Handelskammern auch an echten Orgelteilen abnehmen.
Gute Gesellen sind gesucht. Einige frisch gebackene Orgelbauer wandern in Museen ab oder studieren Fächer wie Musikwissenschaften und Akustik. Der Einstieg in die Selbstständigkeit ist seit mehreren Jahren leichter, da kein Meisterzwang mehr besteht.
Die Moderne hat die Orgel längst erreicht. Elektronik hält immer mehr Einzug. Orgeln werden zudem oft umgebaut oder verändert. „Was sich auch ändert, das Prinzip Orgel bleibt“, betont Werner Stannat von der Oscar-Walcker-Schule. Der Dresdner Jehmlich vergleicht das Orgelbauen romantisch mit der Geburt eines Kindes. „Man geht eine Weile schwanger, und wenn sie da sind, beginnen sie ein Eigenleben zu führen. Eine innere Verbundenheit bleibt immer bestehen.“