Zeitplan hilft bei beruflichen Entscheidungen
Jork/Stuttgart (dpa/tmn) - Den Job wechseln, sich selbstständig machen, noch einmal studieren? Klingt verlockend. Doch große berufliche Entscheidungen werden oft immer wieder aufgeschoben - bis am Ende nichts passiert.
Dahinter steckt die Angst, etwas falsch zu machen.
Wann ist es Zeit für einen Wechsel? „Wenn die Lebendigkeit gedämpft wird, im Büro und privat, dann ist das ein Warnsignal“, sagt der Karrierecoach Martin Wehrle aus Jork bei Hamburg. „Ich kann immer schauen, ob ich am Arbeitsplatz mehr von dem bekomme, was mich zufrieden macht.“ Doch bei vielen stelle sich heraus, dass eine Veränderung fällig wird. Das sieht die Karriereberaterin Carolin Lüdemann aus Stuttgart ähnlich: „Wenn es absehbar ist, dass sich nichts ändert, dann ist es mehr als eine Phase.“ Und dann muss ein Schnitt kommen. Was will ich wirklich? Wehrle präzisiert diese Frage für seine Kunden gerne so: „Was würden Sie tun, wenn Sie beliebig Geld zur Verfügung hätten und trotzdem arbeiten wollten?“ Bei dieser Herangehensweise würden die Menschen weggelenkt vom Materiellen hin zu ihren wirklichen Wünschen.
Lüdemann betont, es komme auf eine möglichst detailgetreue und bildhafte Vorstellung von der eigenen Zukunft an: Wie fahre ich zur Arbeit, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto? Wie sieht der Empfang aus? Habe ich ein Büro, habe ich einen Chef? „Dann sagen viele Klienten: Das weiß ich nicht. Aber 'weiß ich nicht' gibt es nicht.“ Die Vision sei dann nicht konkret genug.
Was hält mich jetzt noch auf? „Bei alltäglichen Entscheidungen haben wir Faustregeln, die wir verwenden“, erläutert die Psychologin Prof. Lioba Werth von der Universität Chemnitz. „Bei persönlich sehr bedeutenden Entscheidungen versagen unsere Routinen häufig. „Die Angst, etwas falsch zu machen, führt dazu, dass wir keine Entscheidung treffen“, bestätigt Lüdemann. „Wenn ich aber den ersten oder auch dritten Schritt gemacht habe und merke, es geht in eine falsche Richtung, kann ich immer noch gegensteuern.“
Wie mache ich den ersten Schritt? Wehrle rät: „Lieber erstmal einen Fuß auf das Eis setzen und probieren, wie es trägt, drei Schritte machen und den Rückweg offen halten.“ Schließlich geht es um etwas, die meisten leben in materiellen Zwängen: Kinder, Miete, ein Haus. „Kaum jemand ist vollständig frei.“
Bei der Überwindung der ersten Hürden hilft ein Zeitplan. „Studien haben gezeigt: So viel Zeit, wie wir uns geben, so viel Zeit brauchen wir auch“, erklärt Lüdemann. Sich positiv unter Druck zu setzen, mache deshalb Sinn. „Aber es muss realistisch bleiben.“
Wann gibt es kein zurück mehr? Wehrle vergleicht das mit dem Absprung von einer Schanze: „Man merkt, man muss springen, sonst fällt man runter. Nur viele springen entweder zu früh, sie werfen alles hin und haben dann nichts mehr, oder sie verpassen den Absprung.“ Ist die innere Sicherheit groß genug, werde die Entscheidung unumkehrbar.