Im Job nicht den Missionar spielen
Heidelberg/Hamm (dpa/tmn) - Mit religiösen Überzeugungen halten sich Arbeitnehmer Kunden und Kollegen gegenüber besser zurück. „Der Arbeitsplatz ist nicht der Platz, um religiöse Weltanschauungen zu verbreiten“, sagte der Arbeitsrechtler Michael Eckert aus Heidelberg.
„Arbeitnehmer dürfen nicht den Missionar spielen und versuchen, Kunden oder Kollegen zu bekehren“, erläuterte Eckert, der Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins ist. Tun sie es dennoch und widersetzen sich damit dem Willen des Arbeitgebers, berechtige das zu einer Abmahnung und in der Folge zur Kündigung.
Das Landesarbeitsgericht in Hamm hat am Mittwoch (20. April) die fristlose Kündigung eines tief religiösen Callcenter-Agenten aus Bochum bestätigt. Der Versandhandel QVC hatte den Mann Anfang 2010 entlassen, weil er sich von Kunden am Telefon stets mit den Worten „Jesus hat Sie lieb“ verabschiedet hatte. Die Richter ließen sich nicht davon überzeugen, dass der 29-Jährige in Gewissenskonflikte geraten wäre, wenn er die Abschiedsformel weggelassen hätte.
Benutzt jemand etwa in Bayern eine regional übliche Grußformel wie „Grüß Gott“, rechtfertige das zwar keine Kündigung, erläuterte Eckert. Mitarbeiter dürften aber nicht anfangen, Kollegen ihre religiösen Überzeugungen aufzudrängen. Dabei helfe gläubigen Beschäftigten auch der Verweis auf die Religionsfreiheit nicht weiter. „Wenn der Arbeitgeber sagt, dass er das nicht will, halte ich das für in Ordnung“, sagte Eckert. Denn jeder Mitarbeiter sei verpflichtet, sich in seiner religiösen Ausübung soweit neutral zu verhalten, das andere im Betrieb sich nicht belästigt fühlen.
Noch schwerwiegender sei es, wenn Mitarbeiter Kunden gegenüber zum Religionsverfechter werden. Als Vertreter der Firma nach außen hin sei es unangebracht, einem Kunden etwa „Jesus hat Sie lieb“ oder „Allah ist groß“ zu sagen. „Jemand, der nichts mit Religion zu tun hat, fühlt sich dadurch vielleicht gestört oder belästigt“, erklärte Eckert. Und dadurch könne das Ansehen der Firma leiden.