Kinder-Unis sind nicht nur etwas für Schlaumeier

Tübingen (dpa/tmn) - Vormittags Grundschule, nachmittags Uni? Die Kinder-Uni macht es möglich. In Vorlesungen, Seminaren und Workshops können Kinder ins Hochschulleben hereinschnuppern. Intelligenzbolzen müssen sie dafür nicht sein.

Kinder-Unis sind nicht nur etwas für den besonders intelligenten Nachwuchs. „Die Schlaumeier, die brauchen es eigentlich am wenigsten“, sagt Ulla Steuernagel, Mit-Initivatorin der Kinder-Uni in Tübingen. „Es ist so gedacht, dass die Professoren den Kindern verständlich komplizierte Sachverhalte erklären.“ Und das sollen alle Kinder verstehen, nicht nur die ganz Schlauen.

Was die Kinder am Ende mitnehmen, ist unterschiedlich und hängt auch stark vom Alter ab: Manche erinnern sich später nur an einzelne Stichworte, andere können die ganze Argumentation nachvollziehen. „Es ist als Selbstbedienungsladen gedacht für Kinder unterschiedlichen Niveaus“, erläutert Steuernagel. Die Redakteurin des „Schwäbischen Tagblattes“ hat gemeinsam mit ihrem Kollegen Ulrich Janßen die Kinder-Uni in Tübingen ins Leben gerufen. Inzwischen gibt es solche Initiativen in vielen Universitätsstädten.

Das Angebot richtet sich vor allem an Kinder im Grundschulalter bis hinein in die fünfte und sechste Klasse. „Wenn die Pubertät einsetzt, will man sich nicht mehr unter dem Label Kinder-Uni irgendwo sehen lassen“, sagt Steuernagel.

Die Voraussetzungen zum Mitmachen sind mit Absicht niedrig: Die Kinder sollten zumindest ein bisschen lesen können und Interesse mitbringen, erklärt Steuernagel. Besonders schön sei für sie zu sehen: „Da ist ein Erwachsener, der mit großer Leidenschaft an einem Thema arbeitet.“ Und der das alles für sie mache, sie ernst nehme. Uni kann Spaß machen - dies zu vermitteln, sei das Ziel der Kinder-Uni, so Steuernagel.

Dafür lassen sich manche Professoren ganz schön etwas einfallen. Für eine Vorlesung zum Thema „Warum sehen Fledermäuse mit den Ohren?“ brachte ein Professor in Tübingen zum Beispiel echte Fledermäuse mit in den Hörsaal. Denn für die Professoren kommt noch erschwerend hinzu: Ein Publikum aus Kindern reagiert ganz anders als eines aus Erwachsenen. „Wenn es langweilig wird, wird es unruhig - Erwachsene schlafen dann einfach ein“, sagt Steuernagel mit einem Schmunzeln.

Daher geben sich die Professoren extra viel Mühe, den Kindern unterhaltsame Seminare zu bieten. Von geistes- und sozialwissenschaftlichen Themen wie „Warum hört man am Sprechen, woher jemand kommt?“ bis hin zu den naturwissenschaftlichen und mathematischen Themen wie „Warum gibt es keine größte Zahl?“ ist alles dabei. „Es ist wie Sendung mit der Maus an der Uni“, sagt Steuernagel.

Anmelden müssen sich die Kinder an den meisten Unis nicht. Zum Teil bekommen sie für jede besuchte Vorlesung einen Stempel: Wer genug Stempel sammelt, bekommt am Ende sein Diplom. Fast alle größeren Unis in Deutschland bieten mittlerweile eine Kinder-Uni an.