Ratgeber Wandel in der Mobilitätsbranche bietet Gründern neue Chancen
Die Mobilitätsbranche im weitesten Sinne gehört zu denjenigen Bereichen, die gegenwärtig von besonders umfassenden Veränderungen betroffen sind.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen sollen aus Klimaschutzgründen zunehmend Alternativen zu herkömmlichen Verbrennermotoren zum Einsatz kommen, zum anderen ändern sich die mit den Lebens- und Arbeitsgewohnheiten – wie etwa der zunehmenden Arbeit von zu Hause aus – auch die Anforderungen an Mobilitätsdienstleistungen und -produkte. Vor diesem Hintergrund können lange Zeit erfolgreiche Geschäftsmodelle ihre bisherige Marktstellung verlieren oder gar völlig obsolet werden, während sich gleichzeitig neue Chancen für Gründer ergeben.
Carsharing und Mietwagen gewinnen an Bedeutung
Zu den Geschäftsmodellen im Aufwärtstrend gehören beispielsweise die Autovermietung und das Carsharing. Im ländlichen Bereich und in der Peripherie der Großstädte ist es vielen Menschen aus praktischen Gründen schlicht unmöglich, auf das eigene Auto zu verzichten. Doch in Innenstädten und Ballungsräumen mit einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrsangebot gibt es ein signifikantes Potenzial von Kunden, die nur gelegentlich ein Auto nutzen und sich – insbesondere angesichts von neuen Tarifmodellen wie dem 49-Euro-Ticket – auch nicht mit entsprechenden laufenden Kosten belasten möchten. So ist es kein Wunder, dass immer wieder neue Autovermieter an den Start gehen und in den zurückliegenden Jahren die Zahl der Carsharing-Fahrzeuge ebenso immer mehr gestiegen ist wie die der dafür registrierten Fahrberechtigten. Neben den großen, internationalen Vermietern bietet der Markt auch Potenzial für Existenzgründer und kleinere Anbieter, die zum Teil auch in größeren Netzwerken aktiv sind. Beispielsweise hat die Oscar Autovermietung bereits sechs Autovermietungen in der Region eröffnet und setzt weiterhin auf Expansion, – und zwar durch Kooperationen mit lokalen Autohändlern. Ähnlich wie bei Franchisekonzepten in anderen Branchen können Existenzgründer oder bereits selbstständig Tätige sich auf diesem Weg auch in der Autovermietungsbranche ein eigenes Geschäft oder ein zweites Standbein aufbauen, ohne selbst das Konzept dafür entwickeln und erproben zu müssen. Das kann die Risiken einer Existenzgründung erheblich reduzieren, erfordert aber auch die Einhaltung der im Rahmen des Franchisevertrages vorgegebenen Regeln und Handlungsspielräume. Zudem sollte vor dem Vertragsabschluss geprüft werden, ob das betreffende Franchisekonzept sich bereits in der Praxis bewährt hat und welche Faktoren möglicherweise für den Erfolg oder Misserfolg anderer Franchisenehmer ausschlaggebend waren. Parallel zu diesen Entwicklungen orientieren sich etablierte Verkehrsunternehmen ebenfalls neu und wandeln sich von Beförderern zu Mobilitätsdienstleistern in einem wesentlich umfassenderen Sinn.
Neue Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit E-Mobilität
Nicht nur die veränderten Anforderungen und Gewohnheiten der potenziellen Kunden beeinflussen den Niedergang oder die Neuentstehung von bestimmten Marktsegmenten, sondern auch der technologische Fortschritt. Besonders deutlich wird das im Zusammenhang mit der zunehmenden Ablösung des Verbrennungsmotors durch den Elektroantrieb. Wo weniger Fahrzeuge mit Benzin oder Diesel betankt werden müssen, schrumpft auch das Marktpotenzial für herkömmliche Tankstellen. Deren Zahl hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen, und dieser Trend dürfte sich künftig weiter fortsetzen. Denn die von Elektroautos benötigten Ladesäulen entstehen nur zum Teil dort, wo Autofahrer bisher getankt haben. Die übrigen Lademöglichkeiten befinden sich oder entstehen an Parkplätzen beziehungsweise in Garagen, im öffentlichen Raum ebenso wie auf Privatgrundstücken. Dass auch diese Veränderungen Ansatzpunkte für neue Geschäftsideen mit sich bringen, zeigt das Beispiel eines Berliner Start-ups, welches sich darauf fokussiert hat, das Aufladen von Elektrofahrzeugen auch dort zu ermöglichen, wo es an Ladepunkten fehlt: Die 2017 gegründete Firma Chargery bringt mobile Ladesäulen per Fahrradkurier zu Fahrzeugen, die aufgeladen werden müssen, aber keine Lademöglichkeit in der Umgebung ihres aktuellen Standortes haben. Hier verbinden sich gewissermaßen zwei Mobilitätsformen in einer Weise, die vor einigen Jahren wahrscheinlich noch niemand so vorausgeahnt hätte. Übrigens: Zu den ersten Kunden von Chargery gehörte DriveNow, ein von BMW ins Leben gerufener überregional aktiver Carsharing-Anbieter, der sich inzwischen mit seinem Pendant car2go von Daimler zu dem Joint-Venture Share Now zusammengeschlossen hat.