Hausarbeit: Jugendliche müssen nicht alles übernehmen
München (dpa/tmn) - Den Eltern im Haushalt zu helfen, ist für Jugendliche nicht nur eine moralische Pflicht. Das Bürgerliche Gesetzbuch schreibt es ihnen sogar vor. Auch wenn viele Mütter und Väter den Paragrafen 1619 nicht kennen werden: Bei anfallenden Aufgaben spannen viele ihre Sprösslinge ein.
Das ist auch gut so, sagen Experten. Nur das Maß muss stimmen, damit es den Jugendlichen nicht zu viel wird oder gar die Schule leidet. Es mag überraschend klingen: Jugendliche helfen ihren Eltern durchaus gerne im Haushalt und bei familiären Aufgaben. Denn so haben sie die Möglichkeit, etwas zurückgeben. „Im Jugendalter beginnen die Kinder zu verstehen, was ihre Eltern bisher für sie geleistet haben“, sagt Klaus Neumann, Psychologe aus München. Außerdem profitiert man als Jugendlicher selbst davon, wenn man zu Hause für Aufgaben eingespannt wird. „Damit lernen sie für ihr eigenständiges Leben, das sie später einmal führen müssen.“
Am besten legt man in der Familie gemeinsam eine Liste mit allen Haushaltsaufgaben an. Das kann einem auch die Augen öffnen: Dann merkt man nämlich oft erst, was alles zum Alltag gehört und bisher von den Eltern gestemmt wurde, erklärt Neumann.
Die Familie setzt sich am besten zu einem Stammtisch zusammen, regt er an. Hier werden die anfallenden Aufgaben besprochen und aufgeteilt. Räumt der Vater nur sehr ungern den Geschirrspüler aus und findet man selbst Wäsche aufhängen öde, können die Jobs im Haushalt den Vorlieben entsprechend vergeben werden. Neumann rät aber, dass man jede Hausarbeit zumindest einmal kennenlernen sollte.
Grundsätzlich kann man sich ordentlich beteiligen. „Zwei Drittel des Zeitkontingents sollten aber die Eltern übernehmen“, sagt Neumann. Zwischen Pflichten im Haushalt und Freizeit muss ohnehin ein passender Mittelweg gefunden werden. Jugendliche sollten darauf achten, genug Zeit für andere Aktivitäten zu haben. „Schule und Hobbys dürfen nicht zu kurz kommen“, sagt Rainer Schütz, Geschäftsführer des Vereins Nummer gegen Kummer. „Das muss sich die Waage halten.“
Für Jugendliche gut zu wissen: Wenn die familiären Aufgaben ihren schulischen Erfolg verhindern - etwa weil kaum Zeit für das Lernen bleibt - sind sie nicht zulässig. Das sollte man dann auch den Eltern gegenüber ansprechen. Denn der Schulbesuch sollte analog zum Jugendarbeitsschutzgesetz auch bei Familienarbeit als geschützt gesehen werden, erklärt Gerd Engels. Auch häusliche Arbeit vor und während der Schulzeit sei demnach verboten, fügt der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ) an.
Auf die jüngeren Geschwister aufpassen müssen, ist grundsätzlich okay. Eltern haben aber nach wie vor für alle Kinder die Fürsorgepflicht. „Wenn sie der Meinung sind, dass das kleinere Kind durch das größere gut umsorgt ist, passt das“, sagt Engels. Natürlich kommt es beim Babysitten auch auf die Jugendlichen selbst an: Wer sich dadurch überfordert fühlt, spricht das am besten an, rät Schütz.
Auch wenn eine Aufgabe zeitlich gerade gar nicht passt, sollte man das offen sagen. Etwa wenn der Rasen gemäht werden soll, jedoch gleichzeitig Hausaufgaben anstehen. „Dann kann man anfallende Arbeiten auch verschieben“, erläutert Schütz.
Sind die elterlichen Ohren taub für die Beschwerden, wendet man sich zunächst am besten an eine Vertrauensperson, die Einfluss auf die Eltern hat. Der oder diejenige kann dann vermitteln. Das könne die Oma sein oder ein Freund der Familie, sagt Engels. „In extremen Fällen hilft das Jugendamt“, erklärt er. Bei Problemen sollte der erste Weg jedoch keinesfalls direkt dorthin gehen, betont Engels. Generell gilt: Ob ein Kind einer Aufgabe gewachsen ist, lässt sich meist mit einer einfachen Frage beantworten, sagt Neumann. Hätte man sich selbst das in diesem Alter bereits zugetraut?
Eine andere Sache sind Einkäufe, denn da gibt es klare Vorschriften. Bis zum 18. Lebensjahr ist man nur beschränkt geschäftsfähig. Kleine Einkäufe wie das Brötchenholen beim Bäcker seien zwar bereits ab einem Alter von sieben Jahren in Ordnung, sagt Engels. Es gibt aber klare Grenzen. Soll für die Eltern etwa Alkohol gekauft werden, weisen Kinder darauf hin, dass in dem Fall immer noch der Jugendschutz gilt - und lehnen ab. Man muss sich also nicht für jede Einkaufstour von den Eltern einspannen lassen.