Tschüss Zivi: Das bringt der Freiwilligendienst

Köln/Berlin (dpa/tmn) - Der Zivildienst ist weg, der Freiwilligendienst kommt: Ab Juli können sich Jugendliche in verschiedenen Einrichtungen engagieren. Nach Angeboten halten sie am besten schon jetzt Ausschau.

Nach der Schule Kranke pflegen, Behinderte betreuen oder in einer Jugendherberge mit anpacken - das waren bisher klassische Jobs, die junge Männer im Rahmen ihres Zivildienstes übernahmen. Der „Zivi“ war für viele über 18 Jahren ein Vorgeschmack auf das Arbeitsleben und die Selbstständigkeit. Mädchen konnten durch ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) ähnliche Erfahrungen sammeln.

Seit mit der Wehrpflicht auch der „Wehrersatzdienst“ abgeschafft wurde, sollen Tätigkeiten für die Gemeinschaft allen Männern und Frauen ab 18 Jahren offen stehen - ohne Altersbegrenzung nach oben. Ab Juli soll es dafür den neuen Bundesfreiwilligendienst geben. Doch welche Aufgaben kann ich dort übernehmen, und wie komme ich an einen Platz?

„Der Dienst soll in gemeinwohlorientierten Einrichtungen geleistet werden und die bisherigen Tätigkeitsfelder des Zivildienstes abdecken“, erklärt Antje Mäder, Pressesprecherin des Bundesamtes für den Zivildienst in Köln. Neben der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe, der Gesundheits- und Altenpflege gebe es auch neue Angebote im Sport, der Denkmalpflege, Kultur und Integration.

35 000 Plätze wird es für die Freiwilligenarbeit geben. „Die Freiwilligen können sich schon jetzt bewerben und Verabredungen mit den Einsatzstellen treffen“, sagt Mäder. „Freie Stellen gibt es in diesem Jahr genug, es ist aber nicht ganz leicht, seinen Weg dorthin zu finden“, ergänzt Susanne Rindt von der Koordinierungsstelle Jugendfreiwilligendienste beim Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Berlin. „Eine zentrale Anlaufstelle gibt es nicht, deshalb sollten Interessierte vor der Bewerbung bereits eine grobe Vorstellung von ihrem Einsatzbereich haben“.

Rindt empfiehlt, sich auf der Website des Familienministeriums zu den Einrichtungen im eigenen Bundesland durchzuklicken. Außerdem sollte man eine Beratung in Anspruch nehmen, die größere Träger wie der Paritätische Wohlfahrtsverband oder die Diakonie anbieten: „Im Gespräch werden Jugendliche oft für Bereiche wie die Behindertenarbeit motiviert, mit denen es vorher Berührungsängste gab, die sich dann aber als passend herausstellen.“ Vielleicht ergibt das Gespräch auch, dass man den Freiwilligendienst mit einem Wohnortwechsel verbinden will. Dafür müsse man sich allerdings an große Einrichtungen halten, die auch Unterkünfte bereitstellen. „Engagement gehört schon bei der Suche dazu“, sagt Rindt.

Die Freiwilligen, die sich für die Vollzeitarbeit von mindestens 6 und höchstens 18 Monaten entscheiden, bekommen ein monatliches Taschengeld von rund 120 bis 200 Euro. Die Höhe der Vergütung hängt dabei vom Träger und der Größe der Einrichtung ab. Ganz unterschiedlich ist auch die Unterbringung geregelt: Wer zu Hause wohnen bleibt, bekommt einen Zuschuss für Unterkunft und Verpflegung, größere Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Jugendherbergen bieten aber auch Wohnplätze für Freiwillige an.

Wer Sinnvolles leisten will, ohne tagelang Listen zu wälzen, der kann es auch einfacher haben, sagt Ursula Krickl vom Deutschen Städte- und Gemeindebund in Berlin. Manchmal lägen die Möglichkeiten buchstäblich vor der Tür: „Der Sportverein im Ort, das Tierheim oder der Kindergarten - viele kleinere Einrichtungen sind dankbar für Mithilfe und bieten auf Nachfrage eine Freiwilligenstelle an.“

Auch für die Freiwilligen hat das lokale Engagement Vorteile. Schulabgänger könnten erste Berufserfahrungen machen, ohne gleich zu Hause ausziehen zu müssen. Abiturienten könnten mit dem Dienst das Warten auf einen Studienplatz verbinden. Viele Universitäten rechnen den Dienst auf die Wartezeit an, in einigen Fachbereichen zählt die geleistete Arbeit als Praktikum. Die Anerkennung hängt vom jeweiligen Bundesland ab. Darüber hinaus sind es laut Krickl aber auch die „inneren Werte“, die den Freiwilligendienst attraktiv machten: „Man lernt, was es heißt, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen - das ist unentbehrlich fürs spätere Leben.“

Die charakterbildende Eigenschaft des Freiwilligendienstes lobt auch Susanne Rindt: „Wer sich für seine Mitmenschen oder seine Umwelt einsetzt, und sei es nur für ein halbes Jahr, der leistet Wertvolles für die Gemeinschaft - das beeindruckt im Lebenslauf auch jeden Arbeitgeber.“

Egal, ob man Krötenzäune baut oder Krankenwagen fährt - man nimmt etwas mit, darin sind sich die Expertinnen einig. „Der Bundesfreiwilligendienst fördert das zivilgesellschaftliche Engagement aller Generationen. Er fördert damit auch das lebenslange Lernen“, sagt Antje Mäder. Wer sich direkt nach der Schule nicht für den Dienst entscheidet, könne dies später noch tun. Ob diese gute Sache nun FSJ, Zivildienst oder Bundesfreiwilligendienst heißt, spielt dabei keine Rolle. Hauptsache, man tut es.